: Durcheinandergebracht-betr.: "Ist Björn Engholm ein Ausländerfeind?" von Tissy Bruns, taz vom 19.10.92
betr.: „Ist Björn Engholm ein Ausländerfeind?“ von Tissy Bruns, taz vom 19.10.92
Liebe Tissy Bruns, stellen wir uns doch einmal vor: Die SPD-Basis stellte sich am späten Abend des 16.November gegen die Parteiführung. Stellen wir uns vor, sie täte dies nicht aus Lust am eigenen Untergang, sondern weil sie die sowohl sachlich wie politisch besseren Argumente hätte.
Stellen wir uns doch einmal vor, in einem demokratischen Staat oder einer demokratischen Partei gäbe es Bürger oder Parteimitglieder, die auf Grund ihrer Kompetenz nicht bereit wären, sachlich wie politisch unpraktikable Lösungen der Staats- oder Parteiführung unwidersprochen hinzunehmen.
Stellen wir uns schließlich noch einmal vor, Staats- oder Parteiführung irrten möglicherweise. Oder können wir uns das schon nicht mehr vorstellen, Tissy Bruns?
Da Sie in Ihrem Kommentar so ziemlich alles durcheinanderbringen, was man so durcheinanderbringen kann, möchte ich an dieser Stelle noch ein paar Klarstellungen einfügen.
1.Wer ein subjektiv einklagbares Recht auf Asyl bewahren möchte, kann dies nicht besser gewährleisten, als durch den uneingeschränkten Erhalt des Art.16 II S.2 Grundgesetz. Denn genau seine Stellung als Grundrecht gewährt ja diesen Anspruch in Verbindung mit der Rechtswegegarantie des Art. 19. 4 Grundgesetz.
2.Wo bitte, sieht eine interessierte Journalistin wie Sie, Tissy Bruns, den politischen Handlungsspielraum, die Genfer Flüchtungskonvention mit einem individualrechtlichen Anspruch auszustatten, wenn dieser Ihrer Meinung nach schon beim Art.16 GG politisch nicht mehr zu halten sei?
3.Die Schaffung eines vom Asylrecht unabhängigen Status für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge sowie die Forderung nach Ausführungsgesetzen für die Genfer Flüchtlingskonvention als auch die Überlegungen zu einem Einwanderungsgesetz entspringen nicht einer genialischen Eingebung der SPD-Führungsriege. Die pragmatischen „Moralisten“ oder „Gesinnungsethiker“ in der SPD haben dies schon vor einem Jahr ausformuliert. Bei genauer Betrachtung erweisen sich die als Moralisten abgestempelten Pragmatiker als die eigentlichen Handwerker.
4.Die einzigen, die in dieser für die Sozialdemokratie schwierigen Situation Stimmungsmache betreiben, sind Gesinnungsethiker à la Blessing, Struck und Engholm. Statt sich mit ihren Argumenten der Basis zu stellen, wie es sich übrigens für jeden Demokraten gehört, überziehen sie die Basis durch Verlautbarungen mit Horrorvisionen einer gespaltenen Partei. Erpressung ist kein guter Stil.
[...] Im übrigen, Tissy Bruns, können wir es uns nicht leisten, auf eine rationale Begründung von Wertentscheidungen zu verzichten. Die würde das Ende für Demokratie und Rechtsstaat bedeuten. Johannes Hano,
JUSOS Hamburg, Initiative
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