Der Streit spitzt sich zu

■ Hirntoten-Experiment weiter umstritten

Berlin (taz) – Das Erlanger Experiment an einer hirntoten Frau, in deren Leichnam Intensivmediziner einen 15 Wochen alten Fötus am Leben erhalten, ruft immer mehr KritikerInnen, aber auch BefürworterInnen wie die katholische Theologin Uta Ranke-Heinemann auf den Plan. (Siehe Seite 10)

Die Frauenbeauftrage der Universität Erlangen-Nürnberg, Andrea Abele- Brehm, kritisierte gestern, daß ein „Gremium aus ausschließlich männlichen Medizinern und Juristen“ die Entscheidung gefällt habe, „Frauen, die in erster Linie von den Konsequenzen betroffen sind“, dagegen nicht beteiligt gewesen wären. Es könne nicht angehen, daß „Krankenschwestern, die die täglichen Verrichtungen an der Toten leisten müssen, nicht gefragt werden“. Abele-Brehm forderte für entsprechende Fälle eine interdisziplinäre Ethikkommission, die mindestens zur Hälfte aus Frauen bestehen müsse. Die Pflegedirektorin der Uni-Klinik in Erlangen, Juliane Ries, erklärte, daß längst nicht alle Schwestern und Pfleger der Einrichtung mit dem Experiment übereinstimmten. Einige Pflegekräfte hatten es abgelehnt, den Körper der toten Schwangeren zu betreuen, worauf „Rücksicht genommen worden“ sei. Die KollegInnen seien „mit der Pflege anderer Intensivpatienten betreut worden“. Auch der katholische Klinikpfarrer Rainer Denkler und weitere Krankenhausseelsorger stehen dem Experiment ablehnend gegenüber.

In Dortmund gingen sieben Professoren und weitere WissenschaftlerInnen mit einer „Dortmunder Erklärung gegen den Mißbrauch von Menschen durch die Medizin-Technologie“ an die Öffentlichkeit. Sie kritisieren vor allem, daß das „Experiment“ abgebrochen werden soll, wenn das Kind nicht gesund zur Welt kommen könnte. Der Rechtsmediziner Professor Hans Bernhard Wuermeling, der die Erlanger Entscheidung mitzuverantworten hat, hatte erklärt, wenn das Kind geschädigt worden sei und behindert sein würde, könne man den derzeitigen Aufwand zu seiner Lebenserhaltung nicht länger rechtfertigen. Seiten 2 und 10