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Asyl, Notrecht seit Menschengedenken

■ Künstlerinnen und Publizisten fordern Erhalt des Artikel 16/ Neue Anschläge gegen Asylbewerber

Hamburg (taz/AFP) – Nach Wochen und Monaten beklommenen Schweigens haben prominente Protagonisten und Exponentinnen der linksliberalen Intelligenz dieses Landes ihre Stimme erhoben und vor einer Veränderung des Asylrechtes eindringlich gewarnt. Schriftsteller wie Günter Grass, Patrick Süskind und Jurek Becker, Filmschaffende wie Doris Dörrie und Volker Schlöndorff, die Theaterregisseure Peter Zadek, Jürgen Flimm und Ivan Nagel oder auch die Schauspielerinnen Kathi Thalbach und Inge Meysel sind gestern mit einem „Hamburger Manifest“ an die Öffentlichkeit getreten. Der Text – wir dokumentieren ihn vollständig auf Seite 10– hebt mit dem Satz an: „Asyl ist ein Notrecht seit Menschengedenken.“ Die rund 50 Erstunterzeichnerinnen und -unterzeichner erinnern daran, daß „Tausende und Abertausende deutscher Bürger ohne Asyl im Ausland den Schergen der Nazis“ nicht hätten entkommen können. Das Asylrecht habe Deutschen wie Willy Brandt, Albert Einstein und Thomas Mann und erst recht unzähligen Namenlosen das Überleben ermöglicht.

„Die sich abzeichnende Völkerwanderung aus Wirtschaftsnot“, heißt es weiterhin, „muß mit wirklicher Staatskunst, gezielter Hilfe im Ausland, Zuwanderungsregelungen und angewandter Verwaltungslogistik kanalisiert werden. Ein panikartiger Zugriff auf Grundrechte löst kein Problem, sondern gerät nur zu leicht zum ersten Schritt einer fortgreifenden Aushöhlung unserer Verfassung und – nicht weniger gefährlich – legitimiert wie ein Irrwitz den Schlachtruf der neuen Rechtsbewegung ,Deutschland den Deutschen‘ konstitutionell, statt sie politisch zu bekämpfen.“

Die Initiatoren des Manifestes haben es an Richard von Weizsäcker sowie alle Bundestagsabgeordneten weitergeleitet und wollen weiterhin Unterschriften sammeln. (Hamburger Manifest, c/o Ascan Crone, Isestraße 121, 2000 Hamburg 1, Fax: 040/479060, Tel.: 040/479067)

Die Bedeutung und Dringlichkeit des Manifestes untermauert eine Nachricht aus dem niedersächsischen Adenstedt im Kreis Peine. Dort wurden in der Nacht zum Donnerstag bei einem Angriff auf eine Asylbewerberunterkunft zwei libanesische Babys verletzt. Nach Angaben der Polizei warfen Unbekannte gegen 23.00 Uhr einen Brandsatz durch ein geschlossenes Fenster. Die beiden libanesischen Kinder im Alter von zwei Wochen und acht Monaten erlitten Rauchvergiftungen und werden stationär im Krankenhaus behandelt. Das Erdgeschoß des Wohnheims brannte völlig aus, die 20 Bewohner des dreistöckigen Hauses konnten zum Teil über Feuerleitern gerettet werden. Die Fahndung nach den Tätern blieb bisher erfolglos. M.S.

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