: Skandal oder Posse?
KOMMENTAR
Skandal oder Posse?
Vielleicht ist es ja wirklich ein Skandal ersten Ranges. Wenn man dem GALier Holger Matthews und der Wissenschaftsbehörde glauben mag, haben wir keinerlei Grund, uns selbstgerecht über den menschenverachtenden Uran- und Plutoniumschmuggel aus der Ex-UdSSR aufzuregen. Mitten in Hamburg gibt es ein Forschungszentrum unter öffentlicher Aufsicht, das klammheimlich radioaktives Material herstellt, es auf verschlungenen Wegen ins Ausland schafft und dort an wen auch immer verhökert. Unvorstellbar? Mag sein. Unverantwortlich? Auf jeden Fall. Indium 111 ist „nur“ schwach radioaktiv und nicht mit dem Teufelszeug vergleichbar, das für Bomben und — gerade für uns Hamburger viel näherliegend — für Atomkraftwerke gebraucht wird. Trotzdem ein klarer Fall für die Justiz. Wenn denn gesetzliche Bestimmungen umgangen wurden.
Vielleicht ist es aber lediglich eine Politposse übelster Sorte. Da gibt es ein paar Wissenschaftler, die sich keiner Schuld bewußt sind, weil ja alles geprüft und ob erwiesener Harmlosigkeit genehmigt ist. Und einen Senator, der aus undurchsichtigen Motiven ein böses Spielchen treibt mit aufrechten Forschern, die nur im Dienste medizinischen Fortschritts arbeiten. Und einen wackeren Umweltpolitiker, der sich selbst leichtgläubig vor einen Karren spannt, der nur Attrappe ist.
Welche Wahrheit auch immer über kurz oder lang ans Licht kommen wird: Jeder Wissenschaftler muß immer wieder gefragt werden (und sich selbst fragen), was und wofür er forscht. Erst recht, wenn es um radioaktive Stoffe geht, kann die Wachsamkeit nicht groß genug sein. smv
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