Radioaktives Metall verscherbelt

■ In Hamburg produziert: das schwach radioaktive Indium III / Matthews (GAL): "Unfaßbare kriminelle Energie"

/ Matthews (GAL): »Unfaßbare kriminelle Energie«

In einer Forschungseinrichtung der Stadt Hamburg wird seit fast einem Jahr — angeblich illegal — radioaktives Material hergestellt und ins Ausland verkauft. Das behauptet der GAL-Abgeordnete Holger Matthews. Die zuständige Wissenschaftsbehörde hat bereits eine Sonderprüfung veranlaßt. Deren vorläufiges Ergebnis, so deren Sprecher Jenspeter Rosenfeldt gegenüber der taz, scheint die Vorwürfe des GALiers zu bestätigen.

Das schwach radioaktive Metall Indium 111, das im „Beschleuniger- und Tomographie-Zentrum Hamburg GmbH“ (BTZ) in Bahrenfeld produziert wird, werde über „dunkle Kanäle“, so GALier Matthews, an einen unbekannten Abnehmer in Belgien exportiert. Unklar sei ebenfalls noch, wer dabei kassiert habe. „Hier zeigt sich eine unfaßbare kriminelle Energie“, so Matthews, die nur eine Konsequenz haben könne: „Das BTZ muß sofort geschlossen werden“.

Die Wissenschaftsbehörde, unter deren Aufsicht das BTZ arbeitet, bestätigt die Vorgänge indirekt. Nach Angaben ihres Sprechers Rosenfeldt ist es „wahrscheinlich, daß Indium 111 durch Umwandlung eines anderen Stoffes angefallen ist und an eine niederländische Firma verkauft wurde“. Ob dabei gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen wurde, werde derzeit untersucht. Das Ergebnis dieser Prüfung erwartet Rosenfeldt in etwa vier Wochen.

Eine gezielte Kampagne, um das BTZ „in Mißkredit zu bringen“, vermutet hingegen dessen Geschäftsführer Claus Pegel. Der taz bestätigte er, daß geringe Mengen Indium produziert und „zollrechtlich ordentlich deklariert“ in die Niederlande exportiert würden: „Dafür haben wir auch die Erlaubnis durch das Amt für Arbeitsschutz“. Alle erforderlichen Betriebsgenehmigungen lägen seit Gründung des BTZ im Jahre 1990 vor. Dies müßte auch in der Behörde bekannt sein, so Pegel, sofern dort die Unterlagen „zur Kenntnis genommen wurden“.

Wissenschaftssenator Leonhard Hajen (SPD) sei jedoch das BTZ in seiner jetzigen privatwirtschaftlichen Konstruktion offenbar „ein Dorn im Auge“. Offenbar wolle er das Forschungszentrum unter seine Kontrolle bringen und benutze dafür Informationen eines „illoyalen“ BTZ-Mitarbeiters, der, so Pegel, „nichts von der Sache versteht und meinen Posten haben möchte“.

Das BTZ ist ein Forschungszentrum, dessen Gesellschafter die Stadt, die Uni Hamburg, die TU Harburg, die Bundeswehrhochschule sowie die Pharma-Firma Schering und der Elektronik-Multi Philips sind. Die Finanzierung erfolgt zum größten Teil aus öffentlichen Mitteln. Die Aufgabe des Zentrums liegt in der Entwicklung von zerstörungsfreien Untersuchungsmethoden — analog dem Röntgen — zum Einsatz in Medizin und Geo- und Umweltwissenschaften.

Nach Aussage der Wissenschaftsbehörde haben sich die in das BTZ gesetzten Erwartungen „nicht erfüllt“, die bisherigen Ergebnisse seien „weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben“. Angesichts der Kostensituation im Gesundheitswesen sei es fraglich, ob das Forschungszentrum „bezahlbare Ergebnisse“ liefern könne. In puncto Umweltwissenschaften habe sich das BTZ bislang durch Desinteresse ausgezeichnet. Deshalb untersuche derzeit ein Gutachter, wie das BTZ sinnvoll weiterarbeiten könne. smv