: Teil III: Die DVU, das Geld und die Münchner Fernsteuerung
■ Die großen Gelder mußte die Bremer DVU-Fraktion nach München abführen / Ausgaben für Politik in den ersten drei Monaten: 1,65 Mark
Schon kurze Zeit nach der Bürgerschaftswahl kamen die DVU- Fraktionszuschüsse in den Blick. Entsprechend ihrer Stärke hat sie Anspruch auf monatliche Zuwendungen von rund 45.000 Mark. Von Anbeginn der Legislaturperiode schwelte innerhalb der DVU-Fraktion der Streit um die Einrichtung eines Fraktionsbüros. Karl-Heinz Vorsatz stand mit seiner Forderung nach parlamentarischer Infrastruktur allerdings allein auf weiter Flur. Als er immer vehementer die Einrichtung eines Büros einforderte, entzog ihm seine Fraktion das Vertrauen und damit den Posten des Fraktionschefs in der Stadtbürgerschaft.
Nach fünf Monaten sperrte die Bürgerschaftsverwaltung die weitere Zahlung der Fraktionsgelder. Die Zuschüsse seien für die Einrichtung eines Büros und für Fraktionsmitarbeiter gedacht. Als die DVU-Fraktion den obligatorischen Nachweis dafür erbringen sollte, was sie mit den Geldern des Vorjahres gemacht habe, stellte sich heraus, daß von den gezahlten rund 150.000 Mark aus den letzten drei Monaten des Jahres 1991 lediglich die Kontoführungsgebühren von 1,65 Mark abgebucht worden waren. Die DVU erklärte zunächst, daß sie aus Furcht vor Anschlägen kein Büro eröffnen wolle. Nach einiger Zeit erklärte sie sich schließlich doch bereit, jedoch dauerte es noch bis zum September, ehe nach zwei gerichtlichen Instanzen einerseits die Ansprüche geklärt, andererseits die Forderungen der Bürgerschaftsverwaltung seitens der DVU erfüllt waren. Höhepunkt der Auseinandersetzung war der Versuch eines DVU-Anwalts, den Chef der Bürgerschaftsverwaltung persönlich haftbar zu machen. Mittlerweile existiert ein Büro in Bremerhaven.
Das zweite wesentliche Kriterium für die Verwaltung, die Zahlung der Fraktionszuschüsse wieder aufzunehmen, war die Rückzahlung der Anzeigengebühren in den Frey-Blättern. Die DVU-Fraktion hatte immens teure halbseitige Anzeigen in der Deutschen Wochenzeitung und in der Nationalzeitung geschaltet. Das hatten die Grünen öffentlich gemacht. Die Bürgerschaftsverwaltung hatte auf der Rückzahlung der Anzeigenkosten bestanden, weil Inserate in überregionalen Blättern nicht zu den normalen Informationsmitteln einer bremischen Bürgerschaftsfraktion gehörten.
Per Gerichtsentscheid wurde sowohl die Rückzahlung der Anzeigenkosten, als auch die Einrichtung einer Fraktionsgeschäftsstelle festgelegt. Beides konnte die DVU nachweisen und seit September fließen die Gelder wieder, einschließlich der bei der Sperrung aufgelaufenen. Wie hoch die Kosten für das Bremerhavener Büro tatsächlich sind, ob es dort Angestellte gibt etc., das wäre noch zu klären. Die Bürgerschaftsverwaltung begnügt sich in dieser Frage mit dem Testat eines Wirtschaftsprüfers.
Die Auseinandersetzung um die Fraktionsgelder spiegelt exakt die Art und Weise wieder, mit der die DVU mit dem Parlament umgeht. Wer inhaltlich arbeiten will, der versucht, so schnell wie möglich Mitarbeiter zu finden und einen funktionierenden Apparat aufzubauen. Doch das ist gerade nicht das Ziel der DVU. Die einzige nennenswerte Ausgabe leistete die DVU-Fraktion mit den Anzeigen in den Blättern des großen Finanziers im fernen München. Diese Aktion spricht für sich, wie die sattsam bekannte Geschichte, daß sich die DVU- Fraktion einen Münchner Statthalter aus dem Freyschen Zeitungsimperium zum Geschäftsführer hat wählen lassen. Sven Eggers, der zu jeder Plenarsitzung eigens anreist, ist Chefredakteur der Deutschen Wochenzeitung und bei der Nationalzeitung verantwortlich für den Leserbriefteil.
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