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Wie die Parteien auf die DVU reagieren

■ Die ParlamentarierInnen von SPD, CDU, FDP angesichts der Kollegen von der DVU

Was schon bald nach der Wahl 1987 eingetreten ist, das konnte man auch im vergangenen Jahr beobachten: Die Existenz der DVU hat eine gewisse Normailtät bekommen, zumindest bei den Medien. So exzentrisch die Reden in der Bürgerschaft auch immer sein mögen, alle haben sich daran gewöhnt, daß die Blohm-Weidenbach-Gang Zinnober veranstaltet. Ganz anders dagegen die Atmosphäre in der Bürgerschaft: Die Reaktionen reichen von Ignorieren bis zu Hysterie. Doch deutlich vorherrschend ist Unsicherheit, mit diesen ganz anderen KollegInnen umzugehen.

Die FDP scheint sich auf die Linie verständigt haben, sich nach Möglichkeiut nicht zu verhalten, weder positiv noch negativ. Sie reagiert nicht. In der Wirtschaftsdeputation gibt Claus Jäger aus Höflichkeit allen die Hand, auch dem Vertreter der DVU, aber damit hat sichs auch. Offensichtlich fühlt sich die FDP keineswegs provoziert.

Ganz anders die CDU: Sie bemüht sich nach Kräften, die teilweise bestehende inhaltliche Nähe über demonstrative kulturelle Distanz zu kompensieren. Das ist nicht gering zu schätzen. Dabei scheint den Abgeordneten kaum klar zu sein, daß beispielsweise die Nölle-Rede zum Haushalt nur wenige inhaltliche Differenzen zur Demagogie Weidenbachs hatte. Sie beschwören dagegen die Solidarität der Demokraten und ergehen sich im Dünkel wie der Abgeordnete Teiser (Sie mit dem IQ eines Knäckebrots). Am ehesten nehmen noch die Abgeordneten Metz und Borttscheller die Auseinandersetzung an.

Am schlechtesten kommen die Sozialdemokraten mit der DVU-Fraktion zurecht. Die schiere Existenz treibt die SPD schon zur Raserei. Sie ist doppelt getroffen und verunsichert: Es sind die eigenen Wähler, die zu den Rechtsextremen übergelaufen sind, und zwar keine Wählerschicht, der man besonders hohe politische Mobilität nachgesagt hat. Kurzum: Es sind die sozialdemokratischen Stammwähler, die der SPD weggelaufen sind. Und in dieser Wunde bohrt die DVU-Fraktion bei jeder Gelegenheit herum: Wir sind Fleisch vom Fleische der SPD. Karl- Heinz Vorsatz in der Debatte zur Wahl des Senats: „Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, Herrn Wedemeier speziell meinen Dank abzustatten für die Politik der vergangenen Jahre, denn er ist der Vater des DVU- Erfolges.“ Und Weidenbach: “...erstens nimmt die Deutsche Volksunion die Stimmen hauptsächlich der Linken, konkret der SPD, weg. Zweitens ist inzwischen jeder fünfte Arbeiter DVU-Wähler. (...) Sie von den alten Parteien werden nie begreifen: Wir sind anders, weil Sie so gleich sind.“

Entsprechend reagieren die Sozialdemokraten, ob im Plenum oder bei den Deputationssitzungen. Peinlich wird jeder Händedruck, jede normale Freundlichkeit vermieden und darauf geachtet, daß nicht der Zufall der Sitzordnung eine TischnachbarIn von der DVU beschert.

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