: Ohne Jungs isses schöner
■ Erstes Mädchenkulturfest in der Neustadt / Gruppen kämpfen um Stellen und Geld
„Seid ihr froh, daß keine Jungs hier sind?“ „Jaaaaaa“, schallt es lautstark aus den Mündern der etwa 8-Jährigen Mädchen. „Die ärgern mich immer.“ — „Genau, und haun immer.“ Die Mädchen stehen am Schminktisch und kleben sich hingebungsvoll Sterne ins Gesicht. Heute findet das erste Mädchenkulturfest im Jugendfreizeitheim Thedinghauser Straße statt. Veranstalterinnen sind Frauen aus den Jugendverbänden und des Stadtjugendrings, dem Arbeitskreis Mädchen der Freizeitheime, Mädchentreff „Gewitterziegen“, Bund der Pfadfinderinnen, Mädchenkulturhaus und der Verein Mädchenhaus.
„Wir haben uns für das Fest zusammengetan, um endlich auch mal was Schönes zu erleben“, sagt Anette Klasing vom Stadtjugendring. „Wir verschwenden zur Zeit unsere ganze Kraft und Energie für die finanzielle Absicherung unserer Stellen und Projekte.“
In der Koalitionsvereinbarung ist Mädchenarbeit zwar vorgesehen, doch nun kämpfen die Projekte um jede Stelle. Einige Einrichtungen haben die ABM's bis 1993 vorfinanziert, aber danach steht wieder alles offen. „Die Idee der Mädchenarbeit wird gerne als Aushängeschild von Senatsstellen genommen, aber finanziell wird nichts getan. Meine Stelle ist auch ausgelaufen“, sagt Mechthild Otto vom Freizeitheim Thedinghauserstraße. Mädchenkultur ist eine andere Kultur als Jungenkultur, berichten die Pädagoginnen. Sie fordern, daß dies ernst genommen wird, und Mädchen Räume kriegen, um sie mit eigenen Inhalten zu füllen, und sich gegenseitig zu stärken.
Das Cafe ist mit Goldpapier umwickelt, überall im Flur stehen Blumenarrangemangs. Auf einer großen Karte an der Wand sind die Orte eingetragen, an denen Mädchen sich treffen können. Im abgedunkeltem Neonlicht legen sich die Mädchen Gips aufs Gesicht für Masken, die nebenan mit bunten Federn verschönert werden können. Die Atmosphäre ist gelassen, keins der Mädchen muß sich über Randale von Jungs ärgern. Die typisch laute und hektische Atmosphäre eines Freizis ist verändert. Einige 13-14 Jährige Mädchen bereiten sich auf ihren Jonglierauftritt vor. „Manchmal ist es echt viel schöner nur mit Mädchen“, strahlt ein Sternengesicht. viva
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