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Eine feministische Trennung vom Müll

■ Frauen diskutierten über globale und individuelle Verantwortung für den Abfall

Frankfurt (taz) – Der Saal war kalt, das Publikum handverlesen. Ökologie sei eben, sorgten sich die VeranstalterInnen, das Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), derzeit nicht gerade ein Publikumsmagnet. Dem sechsstündigen Versuch mit dem kryptischen Titel „Globalhaushalt – Stoffströme – Feminisierung der Verantwortung“, den Feminismus vom Müll zu trennen, fehlte es nicht an Schärfe. Auf dem Podium formulierte die Soziologin Irmgard Schultz die Abgründe der Männerphantasien vor, in denen unter den Deckeln von Wertstofftonnen und Glascontainern der global kursierende Müll weiblich entsorgt werden soll. Die „unheilvolle Triade“ der Vorstellung vom „Natur-, Global- und Haushalt der Frauen“ lenke die Verantwortung ab von den Stoffströmen, die „bis in das entlegendste Gebiet“ hin und her geschoben werden. Die Erde sei „ein immenses Großraumlabor“, in dem Frauen der Reparaturbetrieb zugeschrieben werde.

Die Kölner Journalistin Christa Wichterich erweiterte die globale Sicht auf die Frauen in der Dritten Welt, denen der Vorwurf gemacht werde, sie zerstörten durch den Verbrauch von Brennholz und Wasser die Natur. Frauen in den Enwicklungsländern als „Krisenmanagerinnen der Armut“ sei mit „Sparöfen und Bäumchenpflanzen“ nicht geholfen. Das Frauenbild der „Generalistinnen des Heilens“, die „jetzt zu Haushälterinnen der Natur“, zu Trümmerfrauen und Krankenschwestern stilisiert würden, lenke vom Verursacherprinzip ab: „Die Verantwortung wird entsorgt.“

Den Brückenschlag zwischen globaler Sicht und individueller Verantwortung versuchte die Chemikerin Ines Weller. Sie zählte akribisch all jene Chemikalien auf, die zur Produktion von Textilien aus der vermeintlichen Naturfaser Baumwolle ebenso verwendet werden und unweigerlich in der Umwelt landen, wie für den Kunststoff Mikrofaser. Die anschließend unvermeidliche Debatte um den schlichten Konsumverzicht mittels Austragens „des Wintermantels vom Vorjahr“ fanden die Frauen im Publikum im Prinzip „ätzend antiquiert“ und „hinter dem Mond“. Diesem Appell fehle, ebenso wie der Forderung der Volkswirtschaftlerin Gisela Dörr nach Gemeinschaftswaschküchen und und Stadtteil-Reparaturwerkstätten der sinnliche und freiheitliche Anreiz der „anderen Ästhetik“. Dörrs Aufzählung naturschonender Wäschebehandlung mit Methoden aus dem vorigen Jahrhundert hatte eher Amüse- als Engagement freigesetzt.

Frauen müssen, so das mitternächtliche Fazit, als Verbraucherinnen Einfluß auf Produktionsweisen und -mengen der Industrie nehmen können und mitentscheiden über Nutzen und Sozialverträglichkeit der Produkte. Diese Hoffnungen seien aber auch „politisch naiv“. Die Frauen konstatierten statt dessen die gewinnträchtige Metamorphose des Abfalls zum „Wirtschaftsgut“, dessen unkontrollierbarer Weg die industrielle „Logik der Produktion verlängert“. Der „internationale, individuelle und geschlechtsspezifische Ansatz“ müsse miteinander verbunden werden. Mittel dazu seien die „Skandalisierung“ durch erarbeitetes Wissen, genaue Kennzeichnung, Produkthaftung und Rücknahmepflicht durch die Hersteller. Einige ketzerische Fragen blieben offen: über die Ursachen der Unlust, derzeit „überhaupt komplexe, globale Themen“, zum Beispiel Müll, Gift, Ausbeutung der Dritten Welt, zu diskutieren. Und darüber, ob es überhaupt „etwas bringt“, sich angesichts der 1987 in der Bundesrepublik erfaßten Müllmenge von 240.000 Millionen Tonnen „über die gerade zehn Prozent Hausmüll den Kopf zu zerbrechen“. Heide Platen

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