Bissige Papiertiger

■ Landesmedienanstalten erklären vorläufiges Aus für Tele5 und RTL2

Die Landesmedienanstalten lassen es kräftig knacken im clever getüftelten Gebälk der Privatfunkverflechtungen. Jahrelang als zahnlose Papiertiger verschrien, erinnern sich die Gremien endlich an ihre Aufgabe. Auf ihrer zweitägigen Sitzung Anfang der Woche in Halle nahmen die Direktoren der 15 Anstalten ihren Mut zusammen und stellten fest, daß „sowohl die Zulassung des neuen Programms RTL2 als auch die Genehmigung des neuen Programmkonzepts von Tele5 als Vollprogramm mit den staatsvertraglichen Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt nicht vereinbar ist“. Bereits im Frühjahr hatten die Landesmedienanstalten eine Fragebogenaktion bei den Privatsendern gestartet. Nun zogen sie Konsequenzen.

Tele5 wollte zum Jahreswechsel mit einem neuen Programmkonzept unter der Kennung „Deutsches Sportfernsehen“ (DSF) starten. Den Zulassungsbehörden versicherten die Münchner, trotz des neuen Namens weiterhin ein Vollprogramm betreiben zu wollen. Bei der Werbekundschaft machte man indes Promotion für einen neuen Sportkanal. Die Landesmedienanstalten ließen sich nun nicht länger veralbern und erklärten das DSF zum Spartenprogramm. Deshalb soll die Zulassung von Tele5 zum Jahresende widerrufen und die terrestrischen Frequenzen entzogen werden. Die Gesellschafter müssen dann bei der zuständigen Bayerischen Landesanstalt einen Antrag auf Neugenehmigung stellen. Doch dafür müßten die Münchner auch eine neue Beteiligungsstruktur vorlegen. Denn die 17-Prozent-Beteiligung der Banken- und Notarsfirma NMBG stuften die Landesmedienanstalten als eine „insgesamt medienrechtlich nicht hinnehmbare Treuhandkonstruktion“ ein. Hauptindiz: die Rückkaufklausel des Springer- Konzerns für den NMBG-Anteil.

Auch bei RTL2 verhindern zwei Stolpersteine die Zulassung. Zunächst stören sich die Medienbehörden an dem „medienrechtlich unzulässigen Beherrschungsverhältnis“ zwischen der Radio- Luxemburg-Holding CLT und RTLplus, das sich auch auf RTL2 auswirke. Zwar hält die CLT – medienrechtlich einwandfrei – offiziell 46,1 Prozent an RTLplus. Der tatsächliche Einfluß des Luxemburger Multis liegt nach Meinung der Landesmedienanstalten jedoch bei über 50 Prozent.

Schließlich könne die CLT nicht nur den Geschäftsführer bestimmen, sondern stelle auch die Mehrheit im Programmbeirat des Senders und habe „via Wettbewerbsklausel alle Gesellschafter unter ihrer Fuchtel“, meinen die Aufsichtsgremien. Sie gehen außerdem „von einem beteiligungsgleichen, ebenfalls unzulässigen Verbund zwischen RTLplus und RTL2“ aus. Namensgebung, Logo, gemeinsame Vermarktung, Programmeinkauf und Promotion sind da nur einige Indizien. Offen bleibt zudem die Rolle der luxemburgischen Banque Internationale (BIL). Trotz eidesstattlicher Versicherung der Banker haben die Kontrolleure immer noch erhebliche Zweifel, ob die BIL ihre 8,5 Prozent an RTL2 nicht doch treuhänderisch für den großen Nachbarn CLT hält.

Die zuständige hessische Landesanstalt LPR hat indes die Entscheidung über eine Zulassung von RTL2 auf den 23.November verschoben. Bis dahin soll der Kölner Sender Fragen beantworten und die Gesellschafterkonstruktion ändern. Winfried Engel, Vorsitzender der LPR-Versammlung: „Es liegt also jetzt bei RTL2, die erforderlichen Auflagen raschest zu realisieren.“ RTL2-Geschäftsführer Zeiler gab sich überzeugt, daß sein Sender „in kürzester Zeit die Bedingungen erfüllen wird“.

In Sachen des Kölner Informationskanals Vox empfahlen die Kontrolleure, daß die Beteiligungsverhältnisse wegen des möglichen Bertelsmann-Rückziehers neu geprüft werden. Weiter stellten die Direktoren fest, daß dem Zulassungsantrag des Berliner Nachrichtensenders n-tv Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages nicht entgegenstünden. Der Nachrichtenkanal hatte am vergangenen Wochenende vom Berliner Kabelrat eine bundesweite Zulassung für die Satellitenausstrahlung erhalten. Christoph Heinzle