Keine Anklage wegen Atommüllager

■ Staatsanwalt: Bundesanstalt hat unerlaubt Atommüll gelagert/ Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld

Berlin. Die Staatsanwaltschaft will das Verfahren gegen die Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) einstellen. Die Anstalt hatte jahrelang ungenehmigt Atommüll gelagert und im April dieses Jahres für bundesweites Aufsehen gesorgt, nachdem die Fraktion Bündnis 90/Grüne diesen Mißstand öffentlich machte. Wie Staatsanwalt Bernd Stange der taz berichtete, treffe die Bundesanstalt aber nur eine „geringe Schuld“, so daß keine Anklage erhoben werden soll. Nun müsse die Umweltverwaltung, die derzeit die Akten prüfe, und dann das Gericht dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft zustimmen.

Die BAM untersucht seit 20 Jahren im Auftrag der Atomenergiekommission Kernbrennstoffe. Weil seit 1987 aber das Kernforschungszentrum Karlsruhe auf Grund von Entsorgungsengpässen keinen Atommüll mehr annahm, staute sich in der Bundesanstalt im Bezirk Steglitz der Atommüll. Die erlaubte Lagermenge, durch eine von der Umweltverwaltung erteilte „Umgangsgenehmigung“ festgelegt, wurde dabei überschritten. Für die Bevölkerung habe zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden und außerdem seien die an die BAM gelieferten radioaktiven Abfälle zum Teil sicherer gelagert gewesen als andernorts, begründete Stange die geringe Schuld. Die Bundesanstalt habe es zwar versäumt, für die Lagerung zusätzlicher Fässer eine Genehmigung bei der Umweltverwaltung zu beantragen. Hätte sie diesen Antrag aber gestellt, wäre die Lagerung der insgesamt 21 Fässer genehmigt worden. Insofern handele es sich lediglich um einen formalen Verstoß.

Im April hatte die Polizei „wegen des Verdachts des unerlaubten Betreibens eines Zwischenlagers“ ermittelt. Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) untersagte dem Amt jede weitere Annahme von Atommüll. Die Fässer, die unter anderem 500 Gramm Uran und neun Gramm Plutonium enthielten, strahlten mit 10 bis 25 Mikrosievert die Stunde. Noch damals erklärte sich Karlsruhe bereit, der Anstalt sofort einen Teil der Fässer abzunehmen. Dirk Wildt