piwik no script img

Frau als "fötale Umgebung"

■ Entscheidung der Erlanger Universitätsklinik, die Schwangerschaft einer hirntoten Frau künstlich aufrecht zu erhalten

Entscheidung der Erlanger Universitätsklinik, die Schwangerschaft einer hirntoten Frau künstlich aufrecht zu erhalten

Die Entscheidung der Erlanger Universitätsklinik [...] hat uns zutiefst erschreckt.

Nach unserer Ansicht ist längst nicht alles, was technisch möglich erscheint, auch ethisch vertretbar. Dieser „Fall“ gibt ein erneutes Beispiel dafür, in welchem Umfang Frauenkörper in der Medizin und durch Mediziner als wissenschaftliche Versuchsobjekte mißbraucht werden. Den Körper dieser Frau als Gebärmaschine/Brutkasten zu benutzen, verletzt in höchstem Maße die Menschenwürde nicht nur dieser, sondern aller Frauen. Das Verhalten der hier verantwortlichen Ärzte rückt die Vision von künstlichen Gebärmüttern und Babys aus der Retorte in beängstigende Nähe.

Der Eid des Hippokrates verpflichtet zwar MedizinerInnen zur Erhaltung menschlichen Lebens, wir sind jedoch der Meinung, ein verantwortungsbewußtes Verhalten beinhaltet einen würdevollen Umgang mit sterbenden Menschen. Die Definition des Hirntodes wurde willkürlich gesetzt, um Organe zur Transplantation zu entnehmen. Wir glauben, daß die Frau eine Sterbende ist, die allerdings keine Hilfe hat, sondern im Gegenteil wahrscheinlich jetzt zu Tode gequält wird.

Die Ereignisse in Erlangen stehen im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Vorstellung der Frau als „fötale Umgebung“. Der Fötus wird zu einem unabhängigen Subjekt erklärt, wodurch der Weg frei ist für solche frauenverachtenden medizinischen Experimente. Die Entscheidung der Ärzte bedeutet auch ein lebensunwürdiges Dasein des Embryos.

Erschüttert hat uns auch die Nachricht, daß die Apparate abgeschaltet werden sollen, wenn beim Fötus eine Behinderung nachweisbar ist. Wo sind wir (wieder) angelangt, wenn Menschen über das Lebensrecht behinderter Menschen entscheiden dürfen.

Wir fordern hiermit alle Verantwortlichen auf, diesen menschenunwürdigen Versuch zu beenden und die Frau in Ruhe sterben zu lassen. L.Schwalm und L.Schnelten, z.Z. Praktikantin im Feministischen Frauengesundheitszentrum, Berin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen