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Wer beim BND singt, darf bleiben

Flüchtlingsbefragung durch BND-Tarnorganisation hat positiven Einfluß auf Asylverfahren/ Düsseldorfer Landesregierung bestätigt den Verdacht  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Flüchtlingen, die militärische Kenntnisse über ihr Heimatland dem deutschen Geheimdienst offenbaren, wird von den Verwaltungsgerichten in der Regel der Asylstatus gewährt. Während die Bundesregierung auf entsprechende Anfragen von Oppositionsabgeordneten immer behauptet hat, daß eine Kooperation mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) keinen Einfluß auf das Asylverfahren habe, hat die Düsseldorfer Landesregierung jetzt erstmals den Zusammenhang nach einer Anfrage des grünen Landtagsabgeordneten Roland Appel bestätigt. Asylbewerber werden in Deutschland systematisch von der in allen Bundesländern aktiven „Hauptstelle für das Befragungswesen“ (HfB), einer Tarnorganisation des BND, ausgehorcht. Appel, der erst vor wenigen Wochen die Tätigkeit der HfB in Düsseldorf enttarnt hatte, wollte nun wissen, ob Berichte aus Anwaltskreisen zuträfen, wonach Flüchtlinge, die sich gegenüber der HfB offenbarten, „ungewöhnlich gute Chancen auf Anerkennung im Asylverfahren haben“.

Eine solche Vermutung, so heißt es zwar in der Antwort des Düsseldorfer Justizminister Rolf Krumsiek, „trifft nicht zu“, aber „der Umstand, daß Asylsuchende Ladungen der HfB zur Einvernahme Folge geleistet und der HfB militärische Informationen geliefert hatten, ist in einigen Fällen von Verwaltungsgerichten als asylrechtlich beachtlicher Nachfolgegrund gewertet worden und hat dazu geführt, daß den Klagen stattgegeben worden ist. Dabei waren die Gerichte zu der Auffassung gelangt, daß den Klägern bei einer Rückkehr in ihre Heimatländer wegen ihrer dort bekannt gewordenen Zusammenarbeit mit der HfB politische Verfolgung gedroht hätte.“

In solchen Fällen der Kooperation verzichtet das Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen nach den Erfahrungen von Anwälten im Gegensatz zur sonst üblichen Praxis auf Rechtsmittel gegen die positiven Gerichtsentscheidungen. Konkrete Fälle von Asylbewerbern, die trotz ihrer Kooperation mit der HfB nicht als asylberechtigt anerkannt wurden, sind der Düsseldorfer Landesregierung im übrigen „nicht bekannt“.

Nach den Erfahrungen von Anwälten versuchen die Mitarbeiter der HfB die Aussagebereitschaft von Flüchtlingen durch vage Andeutungen über einen positiven Verlauf des Asylverfahrens im Falle einer Kooperation zu beeinflussen. Der Leiter der Düsseldorfer HfB-Zweigstelle, die in der Immermannstr. 11 residiert, hat bei einem Gespräch mit Journalisten offen eingeräumt, daß in den Aufnahmelagern für Asylbewerber „eine breite Befragung durch unsere Leute“ stattfindet. Wer als Informant interessant erscheine, werde anschließend zu einer intensiven Befragung gebeten, die „eindeutig freiwillig ist“. In das Asylverfahren, so der Düsseldorfer Zweigstellenleiter, der sich mit Weinstein vorstellte, noch vor wenigen Wochen, finde die Vernehmung keinen Eingang. Verbindungen zu den für die Asylgewährung zuständigen Behörden und Gerichten bestünden nicht.

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