piwik no script img

Miserable Bedingungen für Pädagogen

■ StudentInnen der Erziehungswissenschaft wehren sich nun

Dahlem/Charlottenburg. Ein Seminar, das die DiplomstudentInnen für ihren Abschluß brauchen, wird erst angeboten, als die StudentInnen mit einer Klage drohen. Lehrveranstaltungen mit 120 Teilnehmern, obwohl sie nur 40 vertragen. StudentInnen sitzen auf Schränken, Fußböden, Heizung und Fensterbänken, so daß die Fenster nicht mehr geöffnet werden können und die Luft im Verlauf des Seminars im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend wird. Die Studiensituation an FU und TU hat sich in diesem Semester derart zugespitzt, daß die StudentInnen nicht mehr stillhalten. Seit zwei Wochen rumort es an FU und TU bei den Erziehungswissenschaftlern. „Wir sind alle Instanzen in der Uni durchgegangen, bis zum Präsidialamt“, resümiert Michael Westhöfer, Mitglied einer studentischen Initiative bei den FU-Erziehungswissenschaftlern, „alles ohne Erfolg. Ein ordnungsgemäßes Studium ist bei uns nicht mehr gewährleistet.“ Die Initiative hat sich deshalb mit einem Forderungskatalog an Wissenschaftssenator Erhardt gewandt. Eigentlich sollte Erhardt in die FU kommen und einer studentischen Vollversammlung Rede und Antwort stehen. Erhardt lehnte dies ab – mit der Begründung, er wolle nicht, daß eine öffentliche oder eine politische Debatte daraus werde. Statt dessen empfängt er am heutigen Freitag Delegationen aus FU und TU.

Das Mißverhältnis von Betreuungsanspruch und -wirklichkeit hat die FU-Studenteninitiative einmal ausgerechnet: Wenn entsprechend einer Empfehlung der FU- Ausbildungskommission von 1991 jeder Student pro Woche eine halbe Stunde von einem Professor betreut würde, dann hätten die ProfessorInnen des Fachs allein dafür vierzehneinhalb Stunden pro Tag zu tun. Nicht allein Sparauflagen, Stellenstreichungen und die kurzfristige Absage von Stellenstreichungen haben die Situation an FU und TU in diesem Semester dramatisch verschärft. Professor Dieter Lenzen, Dekan der FU-Erziehungswissenschaftler: „Es riecht danach, daß viele eingeschriebene Studenten, die an der Uni eher selten zu sehen waren, offenbar durch die Debatte um Zwangsexmatrikulation und Studiengebühren wieder Hörsäle und Seminare frequentieren.“ Winfried Sträter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen