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■ Zur würdelosen Kürzung der Sozialhilfe für AsylsuchendeSchadenfreude und Schaden

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – ein hehres Motto haben sich die Initiatoren der Großdemonstration gegen Ausländerfeindlichkeit am 8.November gewählt – ein Satz, so edel, daß jeder halbwegs anständige Mensch ihn unterschreiben kann, ein Satz aber so unverbindlich auch, daß selbst die Politiker ihm folgen können, die Asylbewerber gerade zu Verursachern eines „Staatsnotstandes“ deklarierten. Der größte nichtssagende gemeinsame Nenner, der zu nichts verpflichtet, der auch Maßnahmen wie diese offenbar nicht verbietet: die Bundesregierung hat eine drastische Kürzung der Sozialhilfe für Asylbewerber angekündigt. Eine Maßnahme, wie sie populistischer nicht sein kann, ein Happen Besänftigung für das nach Taten hungernde Wahlvolk, das schon jetzt nichts empörender findet in diesem Land, als daß „die von unseren Steuergeldern leben!“

Die CDU, der Bundespräsident, die aufrecht-umfallenden Sozialdemokraten, sie alle werden am 8. November für die menschliche Würde auf die Straße gehen.

Nur wann werden sie das Kunststück vormachen, wie ein Mensch im Jahre 1992 in Deutschland mit einem gekürzten Sozialhilfesatz von 380 Mark in Würde leben kann? Asylbewerber, so lautet eine der bestechenden Begründungen für die Mittelkürzung, kommen mit weniger aus. Sie müssen ja auch keine Kosten für die „Teilnahme am Vereinsleben“ zahlen. Auf das deutsche Vereinsleben mag mancher Flüchtling nur allzugern verzichten, auf ein paar Winterschuhe oder eine warme Mahlzeit nicht.

Die Sozialhilfekürzung mag zunächst einige Gemüter befriedigen. Aber sie wird gleichzeitig die Ausländerfeindlichkeit schüren, denn sie hängt Asylbewerbern nicht nur das Etikett „minderwertig“ um, sondern macht fast zwangsläufig gängige Klischees zur Realität: Asylanten, die klauen, die in den Mülltonnen wühlen, die – das Allerheiligste – die Säcke der Rot-Kreuz-Kleidersammlung plündern. Dann stehen zum Schutz vor dem Bürgerzorn wieder Polizeihundertschaften vor den Asylheimen, dann schickt die Feuerwehr ihre Löschmannschaften, und die Müllabfuhr kehrt den millionenschweren Randaleschaden zusammen.

Daß all die Schäden, die sie und ihre randalierenden Kinder anrichten, auch bezahlt werden müssen, hat bisher kein Politiker den Wählern aufgerechnet. Und keiner hat ihnen vorgehalten, daß sie sich angesichts all der Kosten für Sicherungsmaßnahmen und Polizeieinsätze an die eigene Nase fassen sollten, bevor sie über die Sozialhilfekosten für Asylbewerber in Wallung geraten. Vera Gaserow

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