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Halb Norwegen drängt in die EG

■ Süd-Nord-Gegensatz überschattet Beitrittswilligkeit der Regierungspartei

Oslo (taz) – Die Regierung Norwegens wird vermutlich noch im Laufe des Novembers einen Antrag auf EG-Beitritt in Brüssel abgeben. Dies steht fest, seitdem die regierende Arbeiterpartei in der Nacht zum Freitag auf ihrem Parteitag ihre Diskussion zu diesem Thema abgeschlossen hat. Obwohl die offizielle Abstimmung erst morgen stattfindet, ist deutlich, daß etwa zwei Drittel der Parteitagsdelegierten der von Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland vorgegebenen Linie folgen werden: „Es steht jetzt nur der Antrag auf Mitgliedschaft zur Debatte. Hierbei wollen wir zusammen mit Schweden, Finnland, Österreich und vermutlich der Schweiz verhandeln. Wenn das Verhandlungsergebnis klar ist, wird es mit einer Volksabstimmung um das eigentliche Ja oder Nein gehen.“

Die Partei ist beim Thema EG so gespalten wie ganz Norwegen: Während es im Süden des Landes eine knappe EG-Mehrheit gibt, ist es in Nordnorwegen schwer, auch nur einen einzelnen EG-Befürworter zu finden. Neben den nordnorwegischen Delegierten war es vor allem der Jugendverband der Arbeiterpartei, der an der Nein-Linie festhält. Trotzdem repräsentieren die GegnerInnen allenfalls ein Drittel der Stimmen auf dem Parteitag.

Nach einer gestern veröffentlichten Meinungsumfrage haben die EG-Gegner allerdings mit 54 Prozent der Befragten großen Zulauf in Norwegen. Nur noch ganze 29 Prozent wollen nach Brüssel und 17 Prozent sind unentschieden. In der Wählerschaft der Arbeiterpartei ist die Stimmung mit 40 zu 40 Prozent unentschieden. Der Versuch der Parteiführung, den Parteitag auf eine klare EG- Linie zu bringen, führt jetzt dazu, daß dieser die WählerInnen in Scharen davonlaufen. Die frühere 40-Prozent-Partei kann nach einer Umfrage vom Donnerstag nur noch auf 25 Prozent der Wählerstimmen rechnen – ein historisches Tief. In Nordnorwegen, wo EG- GegnerInnen eine Verschärfung der wirtschaftlichen Krisenlage bei einem Beitritt befürchten, hat die linke Konkurrenz „Sozialistische Volkspartei“, Gegnerin eines EG- Beitritts, die Arbeiterpartei mittlerweile klar überholt. Reinhard Wolff

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