■ Mit Japans Plutonium auf du und du: Jahrtausendgefahren und wendige Boote
Plutonium ist der gefährlichste Stoff, den Menschen je produziert haben – und er ist vielfältig verwendbar. Man kann damit Energie erzeugen. Ein nur tennisballgroßes Stück reicht für den Bau einer Atombombe aus. Mit weniger als einem Millionstel Gramm des Stoffes kann man Menschen krebskrank machen.
Tonnen dieses Materials werden allem Anschein nach künftig auf den Weltmeeren umherschippern. Die Fahrt des japanischen Frachters „Morgenröte“ ist der Anfang einer neuen Klasse von Transporten: Von Satelliten und Kriegsschiffen bewacht, müssen die Asiaten in den nächsten Jahren insgesamt 30 Tonnen des strahlenden Atommaterials aus Frankreich zurücknehmen und per Schiff um den halben Erdball transportieren. Und die Japaner sind nicht die einzigen: Die Wiederaufarbeitung im Ausland zwingt auch die Bundesrepublik, Atommüll nach Frankreich zu transportieren und Plutonium dort wieder abzuholen.
Die Franzosen lösen das Teufelszeug zwar in einer milliardenschweren und gefährlichen Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague aus den abgebrannten Atom-Brennstäben heraus; behalten wollen sie es aberselbstverständlich nicht. Sie wissen: die Tonnen, die jetzt über die Ozeane verschifft werden, würden sonst den Menschen in der Normandie für Tausende von Generationen mindestens Kopfzerbrechen bereiten.
Die Halbwertszeit des Plutoniums beträgt schließlich 24.000 Jahre, das heißt, nach dieser Zeit ist die Schiffsladung der „Akatsuki Maru“ noch halb so gefährlich wie heute. Der Stoff in den 133 Behältern, aus denen man heute 266 Atombomben bauen könnte, wäre dann nur noch für halb so viele gut.
In modernen 1.300 Megawatt-Atommeilern rund um den Globus entstehen pro Tag pro Reaktor ein Kilo des Bombenstoffs. Mit der Zahl der Kilos wird künftig auch die Zahl solcher Transporte drastisch zunehmen. Und das Risiko auch: Selbst wenn die Plutonium- Container auf dem Frachter stundenlang einem Brand widerstehen können und auch beim Versenken im Philippinengraben nicht zerdrückt werden – Terrorakte kann auch die beste Bewachung nicht ausschließen.
1987 hatte das Pentagon in einer Studie gewarnt, Attacken auf solche Frachter seien nicht auszuschließen, vor allem „von einem kleinen wendigen Boot, wenn es mit modernen Raketen ausgestattet“ sei. Nicht nur die Besatzung des Frachters und seiner Schutzmannschaft, auch die Länder, durch deren Gewässer der Frachter kreuzt, haben allen Grund, nervös zu sein. Hermann-Josef Tenhagen
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