: Demo statt Mathe
■ Schüler aus drei Bezirken demonstrierten gegen Ausländerfeindlichkeit / Den Senator wollten sie nicht hören
Berlin. Mehrere tausend Schüler sind gestern an Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) „vorbeigezogen“. Der Senator wollte auf der Kundgebung einer Schülerdemonstration gegen Ausländerfeindlichkeit und Gewalt vor dem Brandenburger Tor reden. Die Schüler aus Neukölln, Lichtenberg und Mitte liefen weiter zum Alexanderplatz, wo die Demonstration mit einem Sitzstreik in der Dircksenstraße endete. Die Polizei versuchte zweimal vergeblich, die Schüler aufzuhalten.
Gegen 13 Uhr hatten sich zwei Demonstrationszüge im Rahmen der Projekttage „Berliner Schulen gegen Ausländerfeindlichkeit und Gewalt – für Toleranz und Friedfertigkeit“ von der Möckern- und der Jannowitzbrücke auf den Weg zum Brandenburger Tor gemacht. Die Demo wurde von der Schülervertretung der Neuköllner Clay- Oberschule organisiert, eingeladen waren alle Schulen aus Neukölln und dem Partnerbezirk Lichtenberg. Der Schülersprecher der Clay-Schule sagte, da es gerade Jugendliche gewesen seien, die Steine gegen Ausländerheime geworfen hätten, müßten die Schüler dagegen demonstrieren. Auf dem Demonstrationszug der Neuköllner Schulen liefen zur Hälfte ausländische Schüler, einer trug einen Besen mit sich und erklärte: „Berlin ist voll von Rassismus, der muß ausgefegt werden.“
Als gegen 14 Uhr beide Demontrationszüge vor dem Brandenburger Tor eintrafen, entschieden sich die Schüler spontan, weiter in Richtung Rotes Rathaus zu laufen. Daß eigentlich Schulsenator Klemann eine Rede halten sollte, interessierte nur noch die Veranstalter. Eine Schülerin aus Lichtenberg sagte: „Der Klemann ist doch genau so doof wie der Kohl.“ Die Schülervertretung der Clay-Oberschule erklärte die Demonstration „für frühzeitig beendet“. Die Polizei konnte die Schüler auf der Karl-Liebknecht-Straße erst unter der S-Bahn-Brücke stoppen.
Steglitzer Projekttage
Problemloser starteten die Projekttage der Steglitzer Schulen. 15 Schulen aus dem Bezirk zogen gestern mittag zum Hermann-Ehlers-Platz. In der Button-Maschine der Bröndby-Schule waren viele kreative Buttons gegen Fremdenfeindlichkeit entstanden. Auf einer kleinen improvisierten Bühne spielte die Rockband der Lilienthal-Schule, eine Schülerin der Beethoven-Oberschule referierte über eine Klassenfahrt zu KZ-Gedenkstätten in Polen. In der Beethoven-Schule wurde am Vormittag ein Projekttag veranstaltet. Die Schüler hatten zum Beispiel jüdische Zeitzeugen eingeladen und mit Mitarbeitern von Radio 4U über Rechtstendenzen in der Rockmusik diskutiert. mal
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