„Biologischer Brutkasten“

■ Grüne zum Erlanger Experiment

Bonn (taz) – Als „empörend, unmenschlich und frauenverachtend“ bezeichnete gestern Christine Weiske, Sprecherin im Bundesvorstand der Grünen, den „Erlanger Fall“ der schwangeren, hirntoten Marion P. Die 18jährige wird im Erlanger Universitätsklinikum künstlich am Leben gehalten, um ihren Körper für die Entwicklung des Fötus zu gebrauchen. Der Skandal, so Weiske, bestehe dabei nicht nur in der „perversen Entkoppelung von Leibesfrucht und Frau“. Ein „männlicher Wissenschafts- und Machbarkeitswahn“ habe inzwischen dazu geführt, daß eine Frau am Sterben gehindert werde. Eine hirntote Frau als „biologischen Brutkasten“ zu benutzen, sei ethisch ein Verbrechen und bedeute die Degradierung der Würde des Menschen schlechthin.

Die Grünen verlangten deshalb das sofortige Ende des „Menschenversuchs“. Um den Protest gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft auszudrücken, übergaben die GegnerInnen des Experiments gestern Bundesfrauenministerin Angela Merkel sowie Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger eine Liste mit 7.000 Unterschriften.

Die Medizinsoziologin Gisela Wuttke betonte, daß die hirntote Frau „keine Leiche“ sei, sonst könnte die Schwangerschaft nicht fortgesetzt werden. Marion P. sei vielmehr „Beute einer medizintechnischen Intervention, deren Folgen sie im wahrsten Sinne des Wortes austragen muß“.

Der 18 Wochen alte Fötus wächst unterdessen nach Angaben der Erlanger Ärzte normal. Er zeige „ein dem Entwicklungsstand entsprechendes Verhalten“. Bei der künstlich beatmeten Mutter seien Herz- und Kreislauffunktionen weiterhin stabil, die Körperfunktionen würden mit Hormonen gesteuert. Myriam Schönecker

Siehe Interview Seite 10