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Horst läßt Frauenherzen hüpfen

■ SPD-Frauen kürten den Journalisten Horst Dieter Keitel wegen seines Portraits der Schöneberger Ausländerbeauftragten zum "Chauvi des Jahres 1992"

Rathaus Schöneberg. Wohl kaum eine Frau, die nicht angesichts dieses Salvador Dalí in Kleinformat verdrehte Glupschaugen bekommen würden. Horst Dieter Keitel, mit seinem Dalí- Bart ein ausgesprochen unansehnliches männliches Wesen deutscher Abstammung, läßt Frauenherzen bedrohlich höher schlagen und ist von Beruf Maler, Graphiker und Journalist. Und seit gestern Berliner „Chauvi des Jahres“, als solcher ernannt von der SPD-Gleichstellungsstelle für seine besonders geglückten Formulierungen.

„Wohl kaum ein Mann, der nicht angesichts Emines verdrehte Glupschaugen bekommen würde. Emine Demirbürken, ein ausgesprochen ansehnliches, weibliches Wesen türkischer Abstammung, läßt Männerherzen höher schlagen“ – so beschrieb er in der Schöneberger Ausgabe des Berliner Wochenblatts am 2. April dieses Jahres die Schöneberger Ausländerbeauftragte. Sein Schlußsatz: „Kämen doch nur alle Ausländer so schön wie Emine daher. Dann wäre das Wahlrecht für diesen Personenkreis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon lange kein Thema mehr.“

Wohl kaum eine Frau, die nicht angesichts dieser Beschreibung verdrehte Glupschaugen bekommen würde. Die Begründung des Preisträgers, warum er sich dennoch nicht „übermäßig frauenfeindlich“ vorkomme, ließ Frauenherzen heftiger schlagen. Er stehe zu seinem Artikel, denn „ein Softi“ wolle er nicht sein, so Horst Dieter Keitel. Und: Er habe keine Lust gehabt, „immer die gleichen dämlichen Texte“ zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer zu verfassen. Deshalb habe er „versucht, es mal anders zu machen“ und damit „mehr Resonanz“ zu erzeugen. Der Erfolg war wahrhaft durchschlagend. Angesichts der losbrechenden Proteste sah sich die Redaktion des Wochenblatts schließlich zu einer halbherzigen öffentlichen Entschuldigung gezwungen: „Pardon, so war es nicht gemeint.“

Wohl kaum eine Frau, die das mit verdrehten Glupschaugen auf sich sitzen lassen würde. Emine Demirbürkens Kommentar an die Adresse des Preisträgers: Es passe wohl nicht ins männliche Weltbild, daß eine Frau „einigermaßen gut aussieht, sich einigermaßen gut artikulieren kann und auch noch Grips hat“.

Wohl kaum ein Mann, der solch eine Ehrung nicht mit verdrehten Glupschaugen entgegennehmen würde. Horst Dieter Keitel als inzwischen fünfter Träger des alljährlich vergebenen Preises war immerhin so mutig, sich mit umgebundener rosaroter „Chauvi- Schürze '92“ vor die Fernsehkameras zu stellen.

Angesichts diverser „Vertreter männlicher Selbstüberschätzung“ sei die Entscheidung in der weiblichen Jury „nicht leicht“ gewesen, deutete die SPD-Abgeordnete Ingrid Holzhüter an. Denn auf der Vorschlagsliste standen dieses Jahr unter anderem auch so ansehnliche Jungs wie Jürgen Möllemann, Graf Lambsdorff und Heinrich Lummer. Vor allem letzterer hat folgenden Schlußsatz verdient: Kämen doch nur alle CDU-Abgeordneten so heftig wie Heinrich daher. Dann wäre das Verbot dieser Partei schon lange kein Thema mehr. Ute Scheub

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