Gesittet und radikal an den Rhein

Veranstalter der Bonner Demo rechnen mit 100.000 Teilnehmern und friedlichem Verlauf/ Veranstalter und Polizei loben Kooperation/ Autonome mit eigener Kundgebung  ■ Aus Bonn Hans-Martin Tillack

Radikal soll es schon zugehen, aber auch friedlich und gesittet. Wenn sich am Samstag, wie die Veranstalter hoffen, 100.000 Menschen in die Bonner Großdemonstration für die Erhaltung des Asylrechts einreihen, dann soll sich dieser Protestmarsch gleich in zweierlei Hinsicht von der Berliner Demo unterscheiden.

Zum einen wollen die Veranstalter ohne Wenn und Aber den Artikel 16 des Grundgesetzes verteidigen und diese Botschaft auch dem SPD-Parteitag mitgeben, der ab Montag in Bonn berät. Zum zweiten will der „Trägerkreis 14. 11.“ den „guten Ruf von Bonn als Demonstrationsort“ mit einem strikt friedlichen Aufmarsch untermauern und sich damit deutlich von der Chaosmetropole Berlin absetzen.

„Bonn ist nicht Berlin“, das müsse er „als Bonner“ einfach einmal sagen, erklärte der grüne Landtagsabgeordnete Roland Appel gestern. Die Bonner Behörden ließen sich nicht lange bitten, diesen Lokalpatriotismus zu honorieren.

Polizeipräsident Michael Kniesel wies die zunächst widerstrebende Bonner Universität an, den Hofgarten für die Abschlußkundgebung freizumachen, auf dem sich die geplanten drei Demonstrationszüge treffen sollen.

Für eine Kundgebung mit 100.000 TeilnehmerInnen gebe es in Bonn keine Alternative zum Hofgarten, begründete Kniesel seinen Schritt.

Beide Seiten, sowohl der Polizeipräsident wie der Trägerkreis, übertrafen sich gestern mit gegenseitigem Lob über die gute Kooperation. Gewalttaten seien nicht zu erwarten, deshalb könne sich die Polizei auf die Verkehrslenkung beschränken, erklärte Kniesel.

Auch den autonomen Block, für den etwa 3.000 Menschen erwartet werden, will Kniesel nicht mit einem martialischen Polizeiaufgebot erschrecken. Die getrennte Abschlußkundgebung der Autonomen auf dem Münsterplatz werde die Polizei zwar mit starken Kräften begleiten, diese Stärke aber „nicht zelebrieren“, sagte der Polizeipräsident.

Um so mehr ärgerten sich gestern die Veranstalter und der Polizeipräsident über Unkenrufe des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Die Kölner Behörde bekräftigte gestern ihre „Sorge“, es könnte angesichts der großen Zahl von DemonstrantInnen aus der autonomen Szene und „dem RAF-Umfeld“ zu Gewalttaten kommen. Konkrete Hinweise habe das BfV nicht, räumte Sprecher Hans-Gert Lange ein. Es gebe aber „vage Andeutungen“ aus der Berliner autonomen Szene, man sollte nach dem großen Medienecho auf die Berliner Randale in größerer Zahl nach Bonn aufbrechen.

„Vage Andeutungen sind nicht geeignet, eine seriöse Gefahrenprognose zu rechtfertigen“, hielt Kniesel dem gestern entgegen. Die „gezielten“ Attacken des BfV seien schlicht „infam“, erklärte Tom Schmidt vom Demo-Trägerkreis. Seine „feste Überzeugung“, daß es keine Gewalt geben werde, untermauerte er mit dem Hinweis auf den Gleichklang der aufrufenden Gruppen: Alle gleichermaßen stünden für den kompromißlosen Erhalt des Asylrechts.

Unterschiedliche Akzente gibt es vor allem im Verhältnis zur SPD. Der Trägerkreis will sich mit seiner Demonstration ausdrücklich nicht gegen die Sozialdemokraten wenden, sondern im Gegenteil die Asylrechtsverteidiger in der SPD unterstützen. SPD-Verbände, wie die von Berlin, Köln und Bonn rufen selbst zu der Bonner Demonstration auf.

Die Autonomen reservierten sich mit ihrem „internationalistisch antifaschistischen Block“ eine eigene Schlußkundgebung, weil sie sich „so nicht auf die SPD beziehen“ wollen, erklärte ihr Sprecher Dirk Gebhardt. Es gebe aber die „politische Absprache“, daß es eine „politische Demo“ werde, versicherte Gebhardt. Auch er lobte die Polizei, die sich bisher „kooperativ verhalten“ habe. Wer sich vermummen wolle, so die Antifa Bonn/Rhein-Sieg in einem Flugblatt, möge doch eher Halstücher und Sonnenbrillen wählen als „schwarze Sturmhauben“: die machten in der „Öffentlichkeit“ einen solch schlechten Eindruck.