: Prolo-Hamburgensie
■ Hendrik Peschel bleibt mit seinem Film "Rollo Aller!2 der Bandenromantik treu
bleibt mit seinem Film Rollo Aller!2 der Bandenromantik treu
Probehalber begleitete Hendrik Peschel, Herausgeber des Fanzines Schotenkampf, die Deutsch-Beat Gruppe Huah! bei einem ihrer Stadtrundgänge und sammelte Material für deren erstes Video. Um Inspiration nie verlegen, verfilmte der passionierte Sammler von Trash-Requisiten danach Hark Bohms Nordsee ist Mordsee neu.
Der etwa zehnminütige Grobschnitt bekam den Titel Rollo Aller!1 und enthielt die Essentials des Peschelschen Schaffens: Versammlung der Hamburger Subkultur im Film und eine Weltsicht zwischen Bandenunternehmungen und Verschwörungstheorien. Mehr belustigt als hoffnungsvoll nahm der Regisseur 1991 am Low Budget- Film-Festival teil und konnte mit seiner charmant-stumpfen Einstandsarbeit die Kulturbehörde dazu bewegen, zur Produktion eines Spielfilms von 35 Minuten 100000 Mark dazuzugeben. Peschel verpflichtete die Musiker Rocko Schamoni und Reverend Ch.D. zur Mitarbeit, weil die Künstler willig schienen, der Proleten-Hamburgensie durch ein breites Platt die richtige Mischung aus Authentizität und Überspitzung zu verleihen. Dokumentiert der erste Teil von Rollo Aller! noch Daddels und Eules kleinen Ausflug, sieht der zweite die beiden auf dem Weg zum Ziel ihrer Träume, auf der Reise nach Hongkong. In Berlin geht ihnen das Geld aus, sie verdingen sich als Drogenkuriere, erleben den ersten Drogenrausch und kehren nach einer Abreibung um. In dieser Hölle von einer Handlung entdeckt der Regisseur die „totale Verarsche“. Peschel läßt Daddel und Eule zwei Minuten lang ausländerfeindlich bramarbasieren und hält wegen dieser Äußerungen die Protagonisten für „radikal“ disqualifiziert. Weil aus der Not im Underground immer Tugenden werden, bereitet Peschel filmische Längen als intensiv monotone Sequenzen auf. Er erzählt eine Geschichte, die die Ereignisse auf einem Abenteuerspielplatz in die halbdunklen Ecken einer Großstadt verlegt. Für eingestreute Halbgarheiten wie Daddels Liebesdienste an einem Drogendealer und ein flotter Vierer vor dem Brandenburger Tor erhält Hendrik Peschel noch ein paar Koketterie- Pünktchen. Kristof Schreuf
Alabama: 13.11, 20.15 und 22.30 Uhr, 14.11., 22.30 Uhr mit dem Rudolf-Brauer-Sextett; Lichtmeß: 16.11., 18.11., 21.00 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen