Gnadenakt des jordanischen Königs

■ Generalamnestie entschärft Krise um inhaftierte islamistische Parlamentarier

Kairo (taz) – Die womöglich letzte Gnade erwies der jordanische König Hussein gestern einigen seiner Untertanen: er verkündete eine Generalamnestie. Es könnte eine der letzten Taten seiner 40jährigen Herrschaft sein – der König, der die Amnestie offiziell anläßlich seines heutigen 57. Geburtstages aussprach, ist schwer krebskrank. Nach seiner Rückkehr von einer Krebsoperation in den USA im September bereitete der König die Jordanier langsam auf sein Ableben vor. „Nationen sollten nicht mit dem Schicksal einzelner Individuen verbunden sein“, ließ er verlauten.

Mit der nun verkündeten Amnestie werden unter anderen Laiz Spelat und Yaqub Qarsh freigelassen, zwei ehemalige islamistische Mitglieder des jordanischen Parlaments. Sie waren vor wenigen Monaten festgenommen und unter der Anklage, das System mit iranischer Unterstützung und Finanzierung stürzen zu wollen, zum Tode verurteilt worden. Erst vor wenigen Tagen hatte das jordanische Staatssicherheitsgericht die Strafe auf zwanzig Jahre Zuchthaus herabgesetzt. Die Umstände des Verfahrens waren in mancher Hinsicht zweifelhaft: ein in Deutschland lebender Deutsch-Iraker hatte seine erste Aussage zurückgezogen, laut der er persönlich Geld von der iranischen Führung an Spelat übergeben haben soll.

Eine Revision war in diesem neuerlichen Urteil nicht möglich. Nur der Ministerpräsident konnte das Verfahren wieder aufnehmen lassen oder der König einen Amnestiebescheid aussprechen. In jedem Fall bedeutete es das Ende der politischen Karriere der beiden, da sie, einmal verurteilt, nicht mehr für einen Sitz im Parlament kandidieren können. Das Urteil war vor allem in islamistischen Kreisen als ungerecht und als ein Affront gegen die junge Demokratie angefochten worden.

Mit der Amnestierung der beiden verhinderte der König wahrscheinlich eine größere politische Krise im Land. Auch in seiner Irak-Politik schlug der König neue Töne an. Während des letzten Golfkrieges war Jordanien weltweit unter Druck geraten, da es sich nicht offiziell gegen Saddam Hussein stellte; nun versucht der König, diesen Kurs zu revidieren: „Es wird Zeit, daß die Iraker mit Saddams Herrschaft Schluß machen“, sagte er in einem seiner letzten Interviews. Der König hatte sich auch mit einem der Führer der irakischen Opposition, dem Kurdenchef Talabani, getroffen, und die Durchreise prominenter irakischer Dissidenten durch Jordanien war wieder erlaubt worden.

Im Falle des Todes Husseins wird sein Bruder, Kronprinz Hassan, sein offizieller Nachfolger, gefolgt von Ali, dem ältesten Sohn des Königs. Sich mit der Nachfolge des Königs öffentlich zu befassen, gilt allerdings in Jordanien als unpatriotisch. Als die englischsprachige Jordan Times während des letzten Krankenhausaufenthalts des Königs eine Kolumne der Frage der Nachfolge widmete, hagelte es böse Briefe. Die Zeitung wurde unter anderem aufgefordert, sich ihres Kolumnisten zu entledigen. Karim El-Gawhary