: Blauer Dunst, sonst nichts
■ Eine gehaltlose PR-Kampagne des Philip-Morris-Konzerns wirbt um die Sympathie politikverdrossener Jugendlicher
wirbt um die Sympathie politikverdrossener Jugendlicher
Vier sympathische Gesichter lächeln gütig vom Plakat herab, eingetaucht in blaues Licht signalisieren sie Zuversicht, Stärke und Offenheit. Die jungen — oder zumindest jung gebliebenen — Menschen schauen aufmunternd-freundlich und mit geradem Blick in die Augen des Betrachters und der Betrachterin. Sie wirken trendy, aber nicht überkandidelt schick, sie vermitteln Vertrauen, aber keine Kumpelhaftigkeit. Die vier SympathieträgerInnen mimen die zukunftsorientierten MinisterInnen des Philip-Morris-Konzerns.
In Zeiten der Politikverdrossenheit stimmt es optimistisch, wenn Ministeriale vorgestellt werden, die sich wirklich für die Belange und Wünsche von Menschen einsetzen wollen. Unter dem Motto „Die Minister sind da“ hat der Zigarettenkonzern Philip Morris eine Anzeigenkampagne gestartet, die sein angeschlagenes Image aufpolieren soll. Der Tabak-Multi, der auch Anteile der Unternehmen Kraft und Suchard besitzt, kam unlängst in Verruf, weil er in seinem Heimatland USA den ultrarechten Schwulen-Hasser Jesse Helms finanziell unterstützte.
Nun gibt sich der Konzern jugend- und zukunftsorientiert, weltoffen und trendy. Die vier MinisterInnen, zwei Männer, eine Frau und ein geschlechtsloses cyber-space-Wesen, vertreten die Ämter „Music and Nightlife“, „Design and Fashion“ sowie das Zukunfts- und Liebes-Amt: Themen also, die für orientierungslose Jugendliche von Interesse sind. Geht man der Sache auf den Grund, enthüllt sich lediglich eine PR-Kampagne — ohne jeglichen Gehalt.
So erklärt die freundliche Stimme am Kontakttelefon, daß zwar irgendwelche Parties geplant seien, aber man wisse noch nicht genau, wann und was genau stattfinden werde. Da stimmt auch der Hinweis, vor Weihnachten werde sicher noch was passieren, nicht milde. Auch der Versuch der Kontaktaufnahme zu den Ministern bleibt erfolglos, die beauftragte PR- Agentur in München rückt die Telefonnummern nicht raus. So fällt die angekündigte Beantwortung von Lebens- und Liebes-Fragen ins Wasser, ebenso die Unterstützung von kulturellen Aktionen. Die vier vom Morris-Ministerium sind eben echte Minister. Annette Bolz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen