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Klöckner wird bundesweite Chefsache

■ IG Metall: bundesweite Unterstützung / Millionenaufträge für Bremer Firmen gefährdet

Gäbe es Klöckner nicht mehr, was dann? Von einer explodierenden Arbeitslosenquote ist die Rede, von einer industriepolitischen Katastrophe, von der gefährdeten Selbständigkeit des Bundeslandes. Tatsache ist, daß Klöckner Stahl allein in einem Geschäftsjahr Aufträge mit einem Umsatz von knapp 150 Millionen Mark an bremische Firmen vergibt, weitere 35 Millionen an Firmen im Umland und Bremerhaven. Über 1.000 Unternehmen sind Klöckner-Lieferanten, mehrere tausend Arbeitsplätze sind im Hoch- und Tiefbau, Stahl-, und Rohrleitungsbau, Werkzeugbau, Dienstleistungsgewerbe und anderen Gewerben von den Klöckner-Aufträgen abhängig. Täglich werden 500 bis 1.000 Mitarbeiter von Fremdfirmen auf der Hütte beschäftigt.

In dieser Situation macht jetzt auch die IG Metall die Bremer Klöckner-Krise zur bundesweiten „Chefsache“: Unterstützung im Kampf gegen die Schließung der Metallurgie bei Klöckner Stahl Bremen und dem damit befürchteten 'Aus' für die Bremer Hütte sagte gestern Siegfried Bleicher zu, Aufsichtsratsvorsitzender des Klöckner-Mutterhauses und IGM- Vorstandsmitglied. „Der Aufschrei am Dienstag hat über Bremens Grenzen hinaus Beachtung gefunden“, sagte Bleicher. Trotz der Konkurrenz der deutschen Stahlunternehmen, durch die Stahlkrise allesamt gebeutelt, könne „nur gemeinsame Solidarität einen Sinn haben.“

In einem Gespräch mit Vertretern der regionalen IG Metall, den Betriebsräten der Bremer Klöckner Stahl und Aufsichtsratsmitglied Hans Koschnick wurde man sich einig: Die Hütte Bremen muß integriertes Hüttenwerk bleiben. Erneut wurden Pläne einer Teilstillegung als unsinnig kritisiert: Nur mit einem Walzwerk sei das Bremer Werk nur noch eine „verlängerte Werkbank“, so Koschnick — und solche werden bekanntlich in einer Krise als erste abgeschoben. Von den Vorständen erwarte man ein „Unternehmenskonzept, das im Alleingang oder in Kooperation mit Partnern dem Stahlstandort Bremen eine langfristige Zukunftskonzeption gibt.“

„Stahlbedarf wird es immer geben — wer heute aufgibt, gibt die Möglichkeit auf, sich morgen weltwirtschaftlich zu orientieren“, befand Koschnick. „Klöckner muß erhalten werden — und zwar nicht gegen, sondern mit Nordrhein- Westfalen.“ Eine Stahlkonferenz unter Beteiligung der Unternehmen, der Gewerkschaften, des Bundes und der Länder sei eine Perspektive — „das Bremer Konzept muß sich einfügen in ein nationales Konzept für die Stahlindustrie in Deutschland“, so die Gesprächsteilnehmer.

Doch nichts Genaues weiß man nicht: Bisher sei noch kein Aufsichtsratsmitglied über die Pläne für Bremen informiert. Eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der Bremer Klöckner Stahl AG wurde nun für den 3. Dezember anberaumt, heute soll eine solche auch für die Duisburger Klöckner- Werke erfochten werden. Susanne Kaiser

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