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Reduzierung der Bezirke ist erstrebenswert

■ Verfassungsrichter Ehrhart Körting über eine Verwaltungsreform/ Größere Selbständigkeit für Bezirke/ Warnung vor Illusionen: Nur wenig Personal wird eingespart

Ehrhart Körting (50), Rechtsanwalt und Mitglied der SPD, ist nebenamtlich am Berliner Verfassungsgerichtshof tätig. Als Mitglied der parlamentarischen Enquetekommission zur Verfassungsreform hat er vor kurzem in einem Papier vorgeschlagen, von zwölf Bezirken jeweils zwei zu einer Verwaltungseinheit zusammenzulegen. Dazu gehören: Mitte und Tiergarten, Zehlendorf und Wilmersdorf, Treptow und Köpenick, Weißensee und Hohenschönhausen, Wedding und Pankow sowie Friedrichshain und Lichtenberg.

taz: Sie haben in Ihrem Papier dafür plädiert, bei der Verringerung der Bezirke sehr behutsam vorzugehen.

Ehrhart Körting: Die Bezirke in Berlin sind 1920 entstanden, als die Stadtgemeinde einheitlich zusammengefaßt wurde. Die heutigen Bezirke haben zum Teil die alte Struktur beibehalten. So ist etwa die Stadt Charlottenburg einfach zum Bezirk Charlottenburg umbenannt worden. Berlin ist nicht nur eine Großstadt, sondern besteht aus vielen Einzelbereichen, aus dem Kiez und auch aus dem Bezirk, zu dem die Menschen einen Bezug entwickelt haben. Wir haben historisch gewachsene Strukturen, die nicht ohne Grund zerschlagen werden sollten.

Nun hat Diepgen erklärt, die Zahl der Bezirke sollte von derzeit 23 auf 15 verringert werden. Was halten Sie davon?

Es gab auch früher Vorschläge, die Zahl der Bezirke zu halbieren und neu zurecht zu schneiden. Von einem völlig neuen Zuschnitt halte ich jedoch nichts – aber eine Reduzierung ist im Grundsatz erstrebenswert.

Sie haben vorgeschlagen, einige Bezirke zusammenzulegen. Nun gibt es aber in Ihrem Papier Ost- West-Kombinationen – wie etwa Wedding und Pankow – die bei den derzeitigen deutsch-deutschen Befindlichkeiten nur zu neuen Reibungen führen können.

Das ist sicherlich richtig. Die Zusammenlegung ist ja kein Wert an sich. Mein Vorschlag zielt darauf ab, die Bezirke in der Stadt annähernd auf vergleichbare Größen zusammenzubringen – nur so kann es vernünftige Verwaltungsstrukturen geben. Ansonsten wird die Umsetzung von Verwaltungshandeln sehr schwierig.

Wieviel Personal kann durch eine Zusammenlegung eingespart werden?

Ich warne in dieser Beziehung vor Euphorie. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn sie eine bestimmte Zahl von Sozialbedürftigen haben, brauchen sie auch eine entsprechende Zahl von Sachbearbeitern. Sicherlich kann durch eine Verringerung der Bezirksstadträte und der Verwaltungsstäbe einiges eingespart werden. Wenn zwei Bezirke zusammengelegt worden sind – wozu brauche ich dann noch zwei Amtsleiter für das Hochbauamt?

Besteht nicht die Gefahr, daß der Senat durch die Zusammenlegung mehr Einfluß auf die Bezirke erhält? Brauchen die Bezirke nicht mehr Rechte?

Ich gehe davon aus, daß die Bezirke nach der Reform eine stärkere Selbständigkeit – auch in finanzieller Hinsicht – erhalten als bisher. Im übrigen halte ich die These, daß die Zusammenlegung die Bezirke schwächt, für falsch. Größere Bezirke haben gegenüber dem Senat mehr Gewicht als die derzeitige Anzahl vieler kleinerer Bezirke.

Zu einem anderen Aspekt. Derzeit werden die Bezirksämter – mit Ausnahme der Bürgermeister – nach dem d'Hondt-Verfahren gebildet. Nun fordert die SPD das politische Bezirksamt. Demnach könnten die stärksten Parteien sich zu einer Zählgemeinschaft zusammenschließen und so das gesamte Bezirksamt mit Wunschkandidaten besetzten. Wie stehen Sie dazu?

Das heutige Proporzverfahren nach d'Hondt befriedigt nicht. Wie weit allerdings eine rein politische Lösung, die dazu führt, daß 51 Prozent in der BVV das Bezirksamt bestimmen, zu besseren Lösungen kommt, wage ich zu bezweifeln. Warum nicht den Weg einiger Städte in Westdeutschland gehen? Dort ist es üblich, bei den Kommunalverwaltungen auch diejenigen Parteien zu beteiligen, die nicht die Mehrheit haben. Mein Vorschlag wäre, die Bildung von politischen Bezirksämtern dergestalt zuzulassen, daß mehrere Fraktionen zusammen das Bezirksamt bilden können – das aber die Minderheit immer beteiligt werden muß. Ein Ausweg wäre eine Minderheitenklausel, die beispielsweise Fraktionen mit mindestens 10 bis 15 Prozent Stimmenanteil einen Stadtrat zubilligt. Ihre Beteiligung berührt schließlich die Frage der Demokratie. Denn Personen, die in der BVV sitzen, aber nicht Vertreter im Bezirksamt haben, wird eine Vielzahl von Informationen vorenthalten. Man sollte nicht vergessen: Das Bezirksamt ist keine Landesregierung. Interview: Severin Weiland

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