: Hier Angst, dort Hölle
■ Kongreß zur Situation von Migrantinnen in Ostberlin/ Forderung nach Bleiberecht für Ex-Vertragsarbeiterinnen
Mitte. Nicht deutsch zu sein und auch noch Frau – in heutigen Zeiten ist das ein zweifacher Geburtsfehler. Um die Lebenssituation der rund 11.000 nichtdeutschen Frauen in Ostberlin zu erkunden, hat die Senatsverwaltung für Frauen, Betroffene und Berufsbetroffene zu einem zweitägigen Fachkongreß in der ehemaligen Bauakademie geladen.
Ergebnis des Pressegesprächs: Es wäre eindimensional zu behaupten, das Leben der Migrantinnen habe sich nur zum Schlechten verändert. Das aber liegt an den geradezu menschenunwürdigen Bestimmungen, denen vor allem die Vertragsarbeiterinnen in DDR-Zeiten ausgesetzt waren. In der Schilderung mehrerer Vietnamesinnen kam das deutlich zum Ausdruck: Schon in ihrem Heimatland seien sie belehrt worden, „daß sie keine Kinder bekommen dürfen“, und „am Tag ihrer Ankunft wurde ihnen die Pille in die Hände gedrückt. Wenn eine Frau schwanger war, mußte sie abtreiben oder ab nach Hause.“ Ab 1988 sei es „zu einer kleinen Verbesserung“ gekommen: Die Frauen hätten nach einem Heimflug in Vietnam entbinden und dann gnädigerweise wiederkommen dürfen – aber nur alleine. Erst nach der Wende hätten sie auch hier Kinder bekommen dürfen, aber dafür seien sie sehr schnell in einen unsicheren Rechtsstatus hineingeraten. Die ihnen gewährte Aufenthaltsbewilligung ende für die meisten schon 1994, viele sähen angstvoll einer Abschiebung entgegen. Vor allem die alleinstehenden Mütter: „Für sie ist es eine Rückkehr in die Hölle, denn in Vietnam ist das eine Schande.“
Die Kongreßteilnehmerinnen forderten ein Bleiberecht für die ehemaligen Vertragsarbeiterinnen. Außerdem, so Frauenstaatssekretärin Eva Korthaase (SPD), müßten endlich geschlechtsspezifische Fluchtgründe im Asylrecht anerkannt werden. usche
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen