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Polizei soll rechtes Auge schärfen

■ Innenministerkonferenz beschließt Maßnahmen gegen rechtsradikale Gewalt

Wiesbaden (taz) – Die Bundesrepublik will endlich ihre Polizei besser auf die Auseinandersetzung mit rechter Gewalt vorbereiten. Vom CSU-Bayern bis zum rot- grünen Hessen wurden sich gestern die Innenminister der Länder auf ihrer Tagung in Wiesbaden einig. Demnächst sollen an den Brennpunkten rechtsradikaler Exzesse Bereitschaftspolizisten, Einsatzhundertschaften und Einheiten des Bundesgrenzschutzes bereitgehalten werden. Dazu kommen Spezialkräfte zur Festnahme sowie zur Beweissicherung und Dokumentation. Um die bedrohten Ausländer in den Flüchtlingsheimen besser vor Überfällen schützen zu können, beschlossen die Innenminister die Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Unterkünften und der Polizei, Objektlisten und Einsatzpläne für den Schutz von Asylbewerberheimen sollen aufgestellt werden. In den Polizeirevieren werden demnächst speziell ausgebildete „Ansprechpartner für Ausländer“ zur Verfügung stehen – auch Heimleiter, Wachpersonal und Polizei sollen so besser miteinander kommunizieren können.

Sonderkommissionen in den Bundesländern werden die Einsätze der Polizei künftig koordinieren, und der Informationsaustausch zwischen den Polizeikräften von Bund und Ländern soll verbessert werden, gab Frieder Läpple (Saarland), der amtierende Vorsitzende der Innenministerkonferenz, bekannt: „Es soll geprüft werden, ob ein Sondermeldedienst ,fremdenfeindliche Straftaten‘ eingerichtet werden kann.“ Bundesinnenminister Seiters will damit auch „das Problem der reisenden Gewalttäter von der rechten Seite“ in den Griff bekommen. Darüber hinaus sollen extremistische Gewalttäter und deren Umfeld in der bereits bestehenden Datei APIS erfaßt werden.

Einig waren sich die Länderminister mit Bundesinnenminister Seiters auch darüber, den Verfassungsschutz gezielt zur Aufklärung „gewalttätiger und gewaltfördernder Bestrebungen“ einzusetzen. Nicht unerwartet nutzte Seiters die Gelegenheit, die Länderminister aufzufordern, das Personal der VS-Landesämter keinesfalls zu verringern. Er selbst will dem Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz schon mal mehr Beamte zuschieben.

Wie schon zuvor die Justizminister der Länder sprachen sich auch die Innenminister dafür aus, die Gesetze bei den Straftatbeständen „Verwenden von Kennzeichen von verfassungswidrigen Organisationen“ und bei Volksverhetzung zu verschärfen. Noch keinen Beschluß faßten die Minister zum erwogenen Verbot rechtsextremer Organisationen. Noch würden, so Seiters, die Erkenntnisse ausgewertet. Auf einen Abschiebestopp für kurdische Flüchtlinge konnte man sich wegen des Widerstand Bayerns nicht einigen – trotz oder wegen vehementen Einsatzes Hessens.

Auf einer gleichzeitig in Berlin stattfindenden Tagung haben die SPD-Fraktionschefs in Bund und Ländern eine stärkere Bekämpfung der Kriminalität gefordert. Vor allem in den neuen Ländern müsse die Polizei durch bessere personelle und materielle Ausstattung in die Lage versetzt werden, Eigentums- und Gewaltdelikte zu verhindern und Straftäter schneller zu fassen. Klaus-Peter Klingelschmitt Siehe Seite 10

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