: Müllawine: Wer profitiert?
■ Lösung im Streit um Hamburger Gewinne beim Grünen-Punkt in Sicht
in Sicht
High Noon an der Drucksachenfront: Stadtreinigungschef Bernd Krüger und die Finanzbehörde üben sich derzeit heftig beim Recyceln von Senatsdrucksachen. Ihr Plan: Aus zwei Papierschiffchen auf Kollisionskurs, ein einziges zu machen. Damit soll ein handfester Krach in Sachen Müll behoben werden, der die Senatsgeister von Voscherau, Curilla (Finanzen) und Zumkley (öffentlicher Dienst) einerseits, und Umweltsenator Fritz Vahrenholt sowie die ÖTV andererseits entzweit hatte.
Stein des Anstoßes: der „Grüne Punkt“. Dieser Müll, vom Verbraucher mit 2 Pfennig pro Punkt teuer bezahlt, soll ab 1993 in Hamburg Müllunternehmer reicher machen. Ab dann sollen diese Verpackungen tatsächlich eingesammelt werden. Schon jetzt schwimmt die Dachorganisation dieser Müllconnection, die „Duales System Deutschland“ GmbH in Bonn (DSD) in Geld und bietet denn auch fantastische Preise für eingesammelte Grüne Punkte. So winkt auch für Hamburg ein dickes Geschäft: Denn dieser Müll wird allein in Hamburg auf 10 bis 20 Prozent der heutigen Hausmüllgebirge geschätzt. Auf sieben Millionen Mark jährlich wird der mögliche Gewinn für Hamburg von Gutachtern geschätzt.
Zunächst herrschte Einigkeit im Senat: Eine städtische „WERT GmbH“ sollte her, um diese Beute zu sichern. Doch dann entstand Streit, wo diese GmbH eingerichtet werden sollte. Voscherau, Curilla und Zumkley votierten für eine Stadtstaatholding, um damit den Staatshaushalt zu sanieren. Vahrenholt und die ÖTV wollten das Ding dagegen als Tochter der Stadtreinigung sehen. Die Gewinne, so Vahrenholt, sollten in eine bessere Müllpolitik investiert werden. Die ÖTV fürchtete außerdem ein privatwirtschaftliches Kuckucksei, mit dem die Stadt womöglich untertarifliches Billigsammeln von Müll ausprobieren wollte.
Auf der Senatssitzung am 1.Dezember drohte der Zusammenprall zwischen einer Vahrenholt-Drucksache und einer als „Ergänzungsdrucksache“ getarnten Kriegserklärung von Curilla und Zumkley. Doch der öffentliche Druck ließ die Streithähne einlenken. Bernd Krüger und Mitabeiter aus der Finanzbehörde trafen sich nun, um die Drucksachen zu vereinheitlichen. Demnach wird die Stadtreinigung Chefin der Wert GmbH. Damit nun nicht ein Teil der erwarteten Gewinne per Körperschaftssteuer in Bundeskassen landet, darf die Stadtreinigung verlustbringende Dienste in die Wert GmbH auslagern. Voscherau, Zumkley und Curilla freuen sich nun über den Trick mit der Körperschaftssteuer und Vahrenholt ist glücklich über den Sieg in der Sache.
Hamburgs Müllprobleme sind mit diesem Scharmützel natürlich nicht gelöst. Bei den Hamburger Müllplanern macht sich langsam Panikstimmung breit. Die Müllberge schmelzen, anders als erhofft, nicht ab. 1995/96 droht in Hamburg das absolute Müllchaos, wenn auf die Ostkippe in Schönberg verzichtet werden soll. Die Hoffnung, den Schleswig-Holsteinern den Hamburger Müll aufs Auge zu drücken, ist inzwischen bitterem Ärger über Vahrenholts SH-Amtskollegen Heydemann gewichen. Der Mann sei beinhart, eine regionale Müllösung stehe in den Sternen, heißt es in der Umweltbehörde. Florian Marten
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