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"Das Wegsehen muß aufhören"

■ Nach dem Mord in Mölln: Ausländer in Hamburg fürchten Gewalttaten / Innenbehörde setzt Sonderkommission ein

/ Innenbehörde setzt Sonderkommission ein

Hoyerswerda, Rostock, Mölln — und als nächstes Hamburg? Was viele Ausländer befürchten, hält die Innenbehörde für wenig wahrscheinlich: zu grausam die Tat, zu abschreckend das Ergebnis, sagt Behördensprecher Günter Krebs. Sein Senator Werner Hackmann setzte gestern eine Sonderkommission ein, 16 Beamte des Landeskriminalamts. Aufgabe: „Bekämpfung rechtsextremistischer und fremdenfeindlicher Gewalttaten“.

Angst vor Gewalt in Hamburg: Zahlreiche ausländische Familien überlegen, wie sie möglichst schnell in ihre Heimat zurückgehen können. Gerade diejenigen, die kaum Kontakt zu deutschen Nachbarn oder Arbeitskollegen haben, packen die Koffer, berichten Sprecher von Initiativen, die sich um Ausländer kümmern. „Die Eltern haben Angst, daß die Kinder angegriffen werden könnten“, so die Beobachtung einer Grundschullehrerin. Lange bevor etwas passiert, leben die Migranten mit der subtilen Menschenverachtung, die ihnen täglich entgegenschlägt.

„Die Gefahr ist besonders da gegenwärtig, wo ausländische Frauen allein auf der Straße sind“, meint eine Mitarbeiterin von INCI, einem Treffpunkt für Migrantinnen in Ottensen. Ein Schutz könne ihnen nur geboten werden, wenn „das Wegsehen aufhört“. INCI hat einen Telefondienst eingerichtet, bei dem sich melden kann, wer in Altona für den Schutz der Zuwanderer aktiv werden will. (Tel. 393515).

Daß die Gefahr nicht erst seit Mölln akut ist, darauf weist der 34jährige Türke Savas hin, der seit 15 Jahren in Hamburg lebt. „Was ist,“ so fragt er, „mit den Tätern, die im Juli 1991 einen 22jährigen Türken so lange prügelten, bis er ins Koma fiel.“ Schon vergessen, nie wieder etwas davon gehört. Für Dertli, einen 34jährigen Türken, Vater von zwei Kindern, zahlen die Ausländer jetzt „die Rechnung für Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot.“ Er ist wütend: „Wenn der Staat uns nicht schützt, müssen wir uns selber verteidigen.“

Der Sprecher der türkischen Einwanderer, Hakki Keskin, appellierte gestern an seine Landsleute, „mit demokratischen Mitteln ohne Gewalt“ auf den Mordanschlag in Mölln zu reagieren. Ob er noch bei allen Gehör findet?

Der Hamburger Verfassungsschutz hat schon mal recherchiert. Vizepräsident Hartmut Ferse hat bisher keine Anhaltspunkte für Gewalt von Ausländern gegen Deutsche, heißt es in einer Meldung der Deutschen Presseagentur. Und auch die Innenbehörde sieht derzeit keine „grundsätzliche Bedrohungsveränderung“.

Diejenigen, die mit Verfolgung und Mord schon eimal schlimme Erfahrungen gemacht haben, fühlen

1sich dennoch unsicher. „Viele von uns haben Angst,“ sagt Heinz Jaeckel, Chef der Jüdischen Gemeinde in Hamburg und weist darauf hin, daß die Morde von Mölln keineswegs unabsehbar gewesen sind: „Hoyerswerda, Hünxe, Rostock, schon da hat man den Tod bewußt in Kauf genommen....“ lian/uex

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