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Wechsel-Jahre

■ Homöopathische Mittel in der Menopause / "Das Klimakterium ist keine Krankheit"

Wechsel-Jahre

Homöopathische Mittel in der Menopause / „Das Klimakterium ist keine Krankheit!“

Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Depressionen, und: nie wieder das Blut, das uns allmonatlich heimsuchte. All diese Symptome sind typisch für die Menopause einer Frau, die „Wechseljahre“, das Klimakterium, wie es im Fachjargon heißt.

„Eins ist klar“, sagt die Heilpraktikerin Gabriele Göschel, „es handelt sich beim Klimakterium nicht um eine Krankheit!“ Um was es bei den ungeliebten Wechseljahren wirklich geht, war am Montag im Bremer Zentrum für Homöopathie zu erfahren.

„Ganz egal wie oft ich meinem Arzt sage, daß ich keine Hormone einnehmen will, er versucht es — ganz geduldig — immer wieder!“ berichtet eine betroffene Zuschauerin. Denn der Schulmedizin fällt häufig nichts anderes ein, als „routinemäßig Hormone zu verschreiben“, so der Gynäkologe Konrad Weiß.

Doch nach Ansicht der Homöopathie können die körperlichen Veränderungen nicht von den seelischen und sozialen getrennt werden. „Die Gebärfähigkeit hört auf, aber das ist nicht das Zentrum des Problems“, meint Gabriele Göschel. Denn viele Frauen wollen in dem Alter ohnehin keine Kindern mehr. Der „Jung-bleibe-Wahn“ mache den Frauen zu schaffen, und die Angst, plötzlich zum alten Eisen zu gehören.

„Die Homöopathie unterdrückt die Symptome nicht wie die Schulmedizin“, erklärt Heilpraktikerin Göschel, „wir arbeiten nach einem ganzheitlichen Prinzip, und das Mittel soll die Lebenskraft der Patientin in dieser Phase bestärken.“ Gesucht wird die Substanz, deren Eigenschaften dem Zustand der Patientin am ähnlichsten ist. „Das ist genau wie bei der Tollkirsche Bella Donna: Sie löst Fieber aus und kann deshalb auch Fieber heilen.“

Zwischen drei klassischen Fällen von menopausen-geplagten Frauen unterscheidet die homöopathische Praxis, und kleine Rollenspiele sollten das in der Veranstaltung den zahlreich erschienenen interessierten Frauen veranschaulichen:

1. Fall: „Ich habe das Gefühl, mein ganzer Unterleib rutscht nach unten, und nur das Blut steigt nach oben“, klagt eine Patientin, „mein ganzer Zustand ist ein einziger Stau!“ Auch Wallungen, Schweißausbrüche und Rückenschmerzen peinigen die 46jährige, eine Oberärztin. Ihr Gefühlsleben, so findet die Heilpraktikerin heraus, befindet sich ebenfalls in einer Stagnation. Im Beruf macht ihr die Konkurenz einer jungen Stationsärtzin Sorgen — sie fühlt in ihrer Stellung bedroht. Privat ist ihr alles zuviel: „Ich habe keinen Schwung mehr.“ Hier ist das Mittel der Wahl „Sepia“ — die Tinte des zehnarmigen Tintenfisches.

2. Fall: „Mein Leben hat sich so verändert, und ich hocke da wie ein Trauerkloß“; bedrückt blickt die Patientin zu Boden. Die Hausfrau und Mutter fühlt sich oft allein gelassen; die Kinder sind aus dem Haus, ein neuer Berufseinstieg scheint unmöglich. Die Patientin leidet unter Kopfschmerzen und starken Hautausschlägen am Kopf „und an anderen Stellen“. Sie fühlt sich kraftlos und müde, lebt zurückgezogen. Ihr empfielt die Heilpraktikerin „Graphit“ — Reißblei.

3. Fall: Extreme Hitzewallungen und Schweißausbrüche plagen die dritte, halbtags berufstätige Patientin. „Ich fühle mich von meiner Kleidung regelrecht abgeschnürt und eingeengt. Mein ganzer Körper pulsiert.“ Sie ist sehr gesellig, redet gern und viel, und stellt ihren Gatten regelmäßig aus „übertriebener Eifersucht“ zur Rede. Da hilft nur „Lechisis“, das Gift der Buschmeisterschlange.

Ganz so klassisch wie in den Lehrbeispielen sieht es in der Wirklichkeit natürlich nicht aus: „Oft dauert es eine ganze Weile, bis das Mittel gefunden ist, das genau auf die Frau paßt“, sagt Gabriele Göschel. Denn jede Frau reagiert anders auf die Wechseljahre. Bei vielen beginnen sie mit Mitte 40, bei einigen mit Ende 30 oder erst nach 50. „Wichtig ist eine ganzheitliche Behandlung, sonst bleibt die Seele auf der Strecke.“ Silke Mertins

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