: Großstädte wollen Stinker rauswerfen
■ Verkehrsminister verhindert, daß in sechs Städten nur noch Kat-Autos fahren
Berlin (taz) – Die Großstädte München, Berlin, Dresden, Düsseldorf, Stuttgart und Frankfurt wollen zum Teil ab Anfang 1994 Autos ohne Katalysator nicht mehr in die Innenstadt lassen. Dramatisch hohe Belastungen mit krebserregenden Stoffen wie Benzol und Rußpartikeln machen nach ihrer Meinung solche Maßnahmen notwendig. „Wenn wir das in mehreren Städten gleichzeitig machen, wird es außerdem für die Autofahrer noch interessanter, sich einen Katalysator anzuschaffen“, begründete der Staaatsekretär der Berliner Umweltverwaltung, Lutz Wicke (CDU), die Pläne.
Doch die Stadtmütter und -väter vermissen derzeit noch entsprechende gesetzliche Grundlagen und fordern daher, daß endlich eine Veränderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BIMSCH) vorgenommen wird. Eine Neufassung des § 40.2 des BIMSCH, die in Bonn schon seit zwei Jahren in den Schubladen liegt, soll den Städten die rechtliche Handhabe für eine Teilsperrung der City geben. Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) ist es allerdings bislang nicht gelungen, seinen Kollegen Günther Krause vom Verkehrressort von der Notwendigkeit dieser Verordnung zu überzeugen. „Wir wollen mit unserem Vorgehen das Umweltministerium sehr intensiv unterstützen“, bezog Wicke gestern in dem Streit Position. Der Druck der BürgerInnen lasse den Städten keine Wahl.
Der Entwurf Töpfers sei „wegen zu strenger Grenzwerte nicht akzeptabel“, sagte dagegen Krauses Sprecher Gert-Jürgen Scholz gestern. „Es ist bekannt, daß jedes Auto Schadstoffe ausstößt“, aber man könne nicht erwarten, daß das Verkehrsministerium der Aussperrung von Autos aus der Innenstadt zustimme. Kommentar von Wicke: „Krause will die sehr hohen Grenzwerte, so daß man überhaupt nichts mehr machen muß.“
Ganz aussperren möchte die Autos auch der Deutsche Städtetag (DST), die Interessenvertretung der deutschen Städte, nicht. Aber die Luft in den Innenstädten sei so schlecht, daß geltendes EG- Recht verletzt sei. „Eigentlich muß an der Quelle, am Auto, etwas getan werden“, so so der Verkehrsreferent des DST, Axel Welge. Auch der Stuttgarter Bürgermeister Jürgen Beck (CDU) hatte am Montag in Frankfurt gefordert, zusätzlich „das Übel am Auspuff zu packen“ und weniger krebserregendes Benzol ins Benzin zu mischen. „Eine Reduzierung um 20 Prozent ist locker zu machen.“ Es sei „kolossal ärgerlich“, daß die Bonner Koalition sich nicht entscheide. Welge schimpfte gestern: „Nur weil die Katalysator-Pflicht für alle Autos bis 1995 mit dieser Bundesregierung nicht durchsetzbar ist, müssen wir an den Symptomen herumdoktern und Innenstädte teilweise sperren.“ ten
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen