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Durchsuchungen bei linken Projekten

■ Bundesanwaltschaft suchte Fotojournalisten/ Angeblich an Anschlag der Revolutionären Zellen von 1987 beteiligt

Berlin/Karlsruhe. Ein Trupp von Beamten des Bundeskriminalamtes hat gestern morgen in den Bezirken Kreuzberg und Prenzlauer Berg mehrere linke Projekte sowie zwei Wohnungen in Kreuzberg und in Köln durchsucht. Die Beamten waren auf der Suche nach einem Fotojournalisten, fanden diesen aber nicht. Sie hatten einen Durchsuchungsbeschluß der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe in der Tasche, in dem der Fotograf in Zusammenhang mit einem fünf Jahre zurückliegenden Anschlag der „Revolutionären Zellen“ gebracht wurde. Im Jahre 1987 hatten sich die RZ dazu bekannt, dem Bundesverwaltungsrichter Korbmacher in die Beine geschossen zu haben.

Die Polizisten suchten nicht nur die Meldeadressen des Mannes in Berlin und Köln heim, sondern auch das „Umbruch“-Bildarchiv in der Kreuzberger Eisenbahnstraße und das Berliner Büro von „Medico International“ in der Schliemannstraße im Prenzlauer Berg. Wie die Zentrale von „Medico“ in Frankfurt/Main mitteilte, war der Gesuchte zeitweiliger Honorarmitarbeiter bei ihrer Hilfsorganisation. „Medico International“ unterstützt medizinische und soziale Basisprojekte in Nicaragua, Kurdistan und anderen Drittweltländern und organisiert hiesige Aufklärungskampagnen per Schrift und Bild. In ihrem Büro in unmittelbarer Nachbarschaft zu „Basisdruck“ und der „Umweltbibliothek“ wurden allerdings keine Materialien beschlagnahmt.

Anders sah es jedoch in der Eisenbahnstraße aus. Nicht nur bei der Bildagentur „Umbruch“, auch bei dem im selben Haus angesiedelten „Projekt Wochenzeitung“, dem „Umweltfestival mit Sternradtouren“ und dem „Info-Pool- Network“ wurden nach Angaben der betroffenen Projekte „Adreßdateien als auch andere Informationen auf Disketten kopiert und mitgenommen“. Papiere seien ebenfalls beschlagnahmt worden, obwohl die anwesenden MitarbeiterInnen der Projekte immer wieder darauf hingewiesen hätten, daß es sich um ihre eigenen Arbeitsplätze handele.

Der Durchsuchungsbeschluß der Bundesanwaltschaft, so heißt es weiter in einer gemeinsamen Stellungnahme der Projekte, basiere auf „haarsträubenden Begründungen“. Diese seien geeignet, um „in der Bundesrepublik Deutschland jedes linke, fortschrittliche Projekt“ durchsuchen und „dessen Unterlagen“ beschlagnahmen zu können. Die ProjektmitarbeiterInnen kündigten in Kürze eine ausführlichere politische Stellungnahme „zu dem Konstrukt“ der Karlsruher Ermittler an.

Eine Stellungnahme der Bundesanwaltschaft war den ganzen Tag lang nicht zu erhalten. usche

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