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Asbest blockiert Studis

■ Gebäude der Wirtschaftswissenschaften verseucht / Vorlesungsbetrieb müßte für Jahre eingestellt werden / Lösung noch nicht in Sicht

/ Lösung noch nicht in Sicht

Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität steht vor einem schier unlösbaren Problem. Der sogenannte Wiwi-Bunker am Von-Melle-Park ist durch und durch mit Asbest verseucht. Allein 22000 qm kontaminierte Deckenplatten müssen herausgerissen und erneuert werden. Rund 10000 Studierende und Angestellte sind von der bereits begonnenen Sanierung betroffen. Durch Hämmern und Bohren selbst während laufender Veranstaltungen ist der Lehrbetrieb erheblich gestört.

Im Frühjahr 1992 wurde offiziell bekannt, daß das Asbest nicht nur in den Treppenhauskernen steckt; alle tragenden Säulen im Gebäude wurden aus Feuerschutzgründen jeweils an den Übergängen zum nächsten Geschoß mit Asbestschnüren versehen. Diese sind im Laufe der Jahre zerbröselt, der krebserregende Stoff hat sich als Staub auf allen Deckenplatten abgelagert. Möglicherweise wissen die verantwortlichen Stellen schon sehr viel länger von der Gefahr, denn seit Jahren darf nichts an Decken oder Wänden verändert werden.

Doch Einigkeit herrscht bisher nur darüber, daß saniert werden muß. Über mögliche Konzepte scheiden sich die Geister. Spätestens seit der Treppenhaussanierung fürchten die Bunkernutzer, ihr Gebäude könne zur Ewig-Baustelle werden. Für eine radikale Lösung plädiert Fachbereichsmitglied Prof. Dieter Preßmar. Er will den Bunker sperren und in nur neun Monaten sanieren lassen.

Der Plan hätte entscheidende Vorteile, obwohl seine technische Umsetzbarkeit heftig umstritten ist, denn die Studierenden würden einer ständigen Lärmbelastung entgehen. Auch gesundheitliche Risiken, wie ein Entweichen faserhaltiger Luft aus den Sanierungsbereichen in Hörsäle und Flure, wären bei einem solchen Plan ausgeschlossen. Preßmar ist sich über die Brisanz seines Vorschlags im klaren: „Ich weiß, daß die Schließung des Gebäudes für die Studenten eine heikle Situation darstellt, aber es müssen alle solidarisch an einem Strang ziehen, wenn wir die Sanierung so erträglich wie möglich machen wollen.“

„Sensationeller Blödsinn“ lautet dazu die Antwort der Baubehörde. Für einen derartigen Kraftakt stünden weder genügend Firmenkapazitäten noch ausreichende Ersatzflächen zur Verfügung. Nach Schätzungen der Behörde erfordert allein die Sanierung von 1000 qm Fläche etwa drei bis vier Monate — die Sanierungsarbeiten wären etwa im Jahr 2000 beendet.

Ein Spitzengespräch zwischen Unipräsident Jürgen Lüthje, Wissenschaftssenator Leonhard Hajen und Bausenator Eugen Wagner soll noch in diesem Jahr für mehr Klarheit im bisherigen Planungsdschungel sorgen. Neue Räume müssen gefunden werden, damit fehlende Ersatzflächen eine schnelle Sanierung nicht blockieren. Doch mit dem Asbest über ihren Köpfen werden die Benutzer des Bunkers so oder so noch eine Weile leben müssen: Vor 1994 ist ein Beginn der Umbauten wegen der in jedem Falle extrem zeitaufwendigen Planung ausgeschlossen. Verena Fritz

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