: Sowohl als auch
■ Die SPD kämpft gegen Krauses Straßenbauwut – und betoniert selber
Berlin (taz) – Die SPD-Bundestagsfraktion müht sich redlich um die Umwelt. Aus der Baracke kommen scharfe Angriffe gegen Verkehrsminister Günther Krause. „Das Konzept seiner autoorientierten Planung scheitert, vor allem weil es die Steigerung des Kfz-Verkehrs noch beschleunigt und damit die Verkehrsprobleme verstärkt, die es lösen soll“, so Christoph Zöpel. Die SPD-Parlamentarier plädieren für die „Stadt zum Wohlfühlen“, in der Busse Vorfahrt haben, die Innenstädte gesperrt sind und in Wohnstraßen eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern gilt. Nur leider, leider hat die SPD-Bundestagsfraktion verkehrspolitisch nicht viel zu melden – übrigens auch in der eigenen Partei nicht. Denn dort, wo die GenossInnen das Heft in der Hand haben, unterscheidet sich die Verkehrspolitik kaum von der der Bundesregierung.
So in Nordrhein-Westfalen, wo die SPD durch keinen Koalitionspartner gehemmt wird: In ihrer Haushaltsklausur beschlossen die Düsseldorfer ParlamentarierInnen, den Posten für Landstraßen kräftig zu erhöhen. Statt jährlich 145 Millionen sollen künftig 200 Millionen dafür veranschlagt werden. Auf dem Wunschzettel zum Bundesverkehrswegeplan standen wiederum vor allem Straßen.
Selbst auf kommunaler Ebene finden die Vorstellungen der SPD- Bundestagsfraktion keinen Widerhall. So blockierten im Städtchen Oerlinghausen bei Bielefeld SPD- und CDU-Politiker gemeinsam mehrfach mit Fahrrädern die wichtigste Innenstadtstraße. Mit ihrer Aktion wollten sie die Landesregierung unter Druck setzen, eine neue Schneise als vordringlich einzustufen: Vor 20 Jahren hatte ein SPD-Bürgermeister den Anwohnern einer damals neu gebauten Entlastungsstraße versprochen, bald eine neue Umgehung zu bauen. Die Regierung in Düsseldorf wollte das Projekt zurückstufen, weil ihr 40 Millionen Mark für einen 470 Meter langen Tunnel zu teuer waren. Aber die Genossen vor Ort setzten sich durch: Die L751 ist im Entwurf zum Landesstraßenplan mit Priorität 1 aufgenommen worden.
Durch den Neubau wird ein Naherholungsgebiet zerstört. 150.000 Quadratmeter Erde werden versiegelt, Wanderer und Tiere durch den Krach der Autos vertrieben. Und das Abgas- und Lärmproblem würde nur verschoben: Inzwischen ist in der Nähe der geplanten Trasse ein neues Wohngebiet entstanden. Die billigere und verkehrspolitisch günstigere Variante, nämlich die heutige Durchgangsstraße tiefer zu legen und zu überbauen, wurde nie ernsthaft erwogen. Annette Jensen
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