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Trauermarsch für Silvio

■ 1.500 Menschen in Quedlinburg, der Heimat Silvio Meiers / Überlegungen Friedrichshainer Initiativen zur Antifa-Arbeit

Quedlinburg/Berlin. Etwa 1.500 Menschen haben nach Polizeiangaben gestern in Quedlinburg an dem Trauermarsch für den vor einer Woche erstochenen Silvio Meier teilgenommen. Die Menschen zogen schweigend durch die Innenstadt. Die Demonstration sollte sich gegen Gleichgültigkeit gegenüber alltäglicher Gewalt wenden, sagte die Künstlerin Roswitha Dreysse. Sie und weitere Initiatoren der Veranstaltung gehören zu dem Kreis von Quedlinburgern, die im September bei einer Mahnwache vor einem Asylbewerberheim der Stadt von Rechtsradikalen mit Steinen angegriffen wurden. Silvio Meier war gebürtiger Quedlinburger.

Die zum Gedenken an Silvio Meier am U-Bahnhof Samariterstraße eingerichtete Mahnwache wurde am Wochenende beendet. „Silvios Angehörige haben das so gewollt“, sagte einer, der bis zuletzt ausharrte. Die Angehörigen könne er verstehen. „Wenn die Leute mit einem Kasten Bier ankommen und der Eindruck entsteht, hier wird gefeiert, stimmt was nicht.“ Statt dessen erinnert nun eine Gedenktafel an das Geschehen. Angebracht wurde sie von Berliner Betrieben und Kollektiven, die damit zu „Toleranz, Gerechtigkeit und Mut“ auffordern wollen.

Gerüchte, wonach Lichtenberger Nazis am Wochenende Vergeltung für den Brandanschlag auf den Judith-Auer-Club verüben wollten, haben sich nicht bestätigt. Statt dessen wurde ein Vorfall bekannt, der sich in der gleichen Nacht, in der Silvio Meier ermordet wurde, in unmittelbarer Nähe abgespielt haben soll. Demnach ist im Laufe einer Party von Rechtsradikalen mehrmals laustark „Sieg Heil“ auf die Straße gebrüllt worden. Nachdem AnwohnerInnen zurückgeschrien hätten, die Feiernden sollten Ruhe geben, seien von den Nazis mehrere Wohnungstüren eingetreten worden, heißt es in einem Flugblatt Friedrichshainer Antifa-Gruppen. Ein Ehepaar, das zum gleichen Zeitpunkt mit einem Trabant in der Straße parken wollte, sei von den Randalierern verprügelt worden. Erst nachdem ein Mann aus der Nachbarschaft eingegriffen habe, seien die Täter geflüchtet.

„Der Vorfall zeigt, daß die rechte Gewalt zunehmend auch sogenannte normale Bürger treffen kann“, sagte ein Arbeitskollege des ermordeten Silvio Meier zur taz. Zur Zeit gibt es unter Friedrichshainer Antifa-Initiativen Überlegungen, wie rechte Gewalttäter im Kiez isoliert werden können. Gedacht ist an Plakate in Geschäften, Kiezversammlungen oder auch ein stärkeres Engagement der Kirchengemeinden. Ähnlich hatte sich erst kürzlich der Pfarrer der Samariterkirche, der ehemalige Stadtjugendpfarrer Hülsemann, geäußert.

Während Freitag nacht die Fahrwachen der besetzten Häuser in Friedrichshain und Lichtenberg unterwegs waren, bahnte sich eine Gruppe von zehn Skinheads den Weg in eine Prenzelberger Szenekneipe. Nachdem einer der Skins den Barkeeper angepöbelt hatte und daraufhin von einem Gast zur Rede gestellt wurde, drohte die Situation zu eskalieren. „Die hatten einfach Bock auf eine Prügelei“, kommentierte ein Gast, nachdem die Skins von Gästen beruhigt worden waren und abzogen.

Die rechte Gewalt als Vorwand zu nehmen, sich ängstlich zurückzuziehen, wollen die Friedrichshainer BesetzerInnen allerdings nicht. „Jetzt wird deutlich, daß es jeden treffen kann. Dieser alltäglichen Bedrohung, auch in den sogenannten sicheren Stadtteilen, sind Frauen schon immer ausgesetzt“, sagte ein Besetzer im Gespräch mit der taz. Uwe Rada/dpa

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