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■ Press-SchlagTeures Fohlenfilet

„Gib mir mehr Saft! Ich brech' noch zusammen, wenn ich mehr bölke! Dranbleiben! Der muß im Lande bleiben!“ Schwitzend fuchtelt der beleibte Auktionator Uwe Heckmann (alias „Hecki- Specki“) mit dem zierlichen Hämmerchen durch die Luft. Ziel seiner Bemühungen: Immer noch mehr rauskitzeln aus dem finanzkräftigen Publikum, das gekommen war, Pferde zu erstehen. Doch die Nationalismus-Nummer – beliebt in der konservativen Reiterszene – zieht nicht: Das Stutfohlen „Stars and Stripes“ ging für 55.000 Mark an den Italiener Valido Sozzi. Was Heckmann letztendlich egal sein kann: Seine Provision berechnet sich nach dem Kaufpreis. Und der ist bei der Ankumer „Performance-Sales-International-Auktion“ (PSI) von Paul Schockemöhle und Ulrich Kasselmann standesgemäß sehr hoch. Edelstes Geschöpf war diesmal der 650.000 Mark teure Rapphengst Labracon. Auch Fohlen scheinen sich mittlerweile gut absetzen zu lassen. Fünf Monate alt ist „Quality“, und auch der Käufer Horst Freise, Spielhallenmulti aus Hannover, weiß nicht, ob der Preis von 85.000 Mark angemessen ist. Ist ihm auch egal. Bei der PSI-Auktion geht es um den Rausch des Bietens.

Zwar konnte auch bei der 13.Auktions-Auflage der Spitzenumsatz von 1990 (11,86 Millionen Mark) nicht erreicht werden, doch die eingestrichenen 7,278 Millionen für 63 Pferde zu einer wirtschaftlich flauen Zeit ließen die Macher zufrieden Geld zählen. Ein Novum war jedoch, daß die Springpferde von Schockemöhle durchschnittlich 30.000 DM billiger zu haben waren als Kasselmanns Dressurtiere (Durchschnitt 166.115 Mark). „Das hat mit der Barr-Geschichte nichts zu tun“, ereiferte sich Schockemöhle, dessen gewalttätige Methoden, den Auktionspferden Springmanieren beizubringen, im Vorjahr aufgedeckt wurden. Diesmal hat er vorgesorgt und seine Tiere erst einen Tag vor der Auktion angekarrt. „Da habe ich eventuellen Unannehmlichkeiten vorgebeugt“, gab er zu. Seine besten Reiter Franke Sloothaak und Otto Becker haben ihn mittlerweile verlassen, neues Aushängeschild im Springstall ist Milchgesicht René Tebbel. Der eilte gleich nach einem Springen in Kiel zum Auktionsball seines Geldgebers – und wurde prompt von der Kieler Turnierleitung disqualifiziert, weil er bei der Siegerehrung fehlte. Schockemöhle, einst der gefürchtete „Pate“ des Reitsports, tobte ob dieser Majestätsbeleidigung und drohte: „Wir können mit dieser Engstirnigkeit der Veranstalter leben, aber die Kieler werden in Zukunft auch ohne uns leben müssen.“ Um seinen Ruf aufzupäppeln, ließ er sich diesmal was ganz Besonderes einfallen: Ein Benefiz-Fohlen namens „Gute Tat“ wurde versteigert – skurrilerweise zugunsten der Aktion „Sportler gegen Hunger“. 25.000 Mark kostete das leckere Stück. Fragt sich nur, ob ein fetter Ochse der Sache nicht dienlicher gewesen wäre als das Fohlenfilet. Anja Philipp/miß

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