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Möllner Mörder haben gestanden

■ Erleichterung in Mölln/ Bundesanwaltschaft ermittelt weiter gegen die Skinhead-Gruppe

Berlin (taz) – Die beiden mutmaßlichen Täter von Mölln haben gestern ein Geständnis abgelegt. Sie bekannten sich zu den Möllner Brandanschlägen, bei denen am Montag vergangener Woche drei Türkinnen zu Tode gekommen waren. Neben dem 19jährigen Lars Christiansen aus Mölln, den die Bundesanwaltschaft schon gestern als einen der Täter präsentierte, legte auch der 25 Jahre alte Michael Peters ein Geständnis ab. Peters war zunächst wegen zweier Brandanschläge auf Flüchtlingsheime in Mecklenburg-Vorpommern sowie auf das Asylbewerberheim in seiner Heimatgemeinde Gudow verhaftet worden. Peters gilt als Kopf einer Skinhead- Gruppe, die im Zuge der Ermittlungen der Bundesanwaltschaft als „terroristische Vereinigung“ eingestuft wurde und zu der auch Lars Christiansen gehörte. Peters ist arbeitslos und entspricht mit seiner schmächtigen Statur nicht unbedingt dem Bild des martialischen Skinheads.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft soll sich die Tat in Mölln wie folgt abgespielt haben: Peters und Christiansen trafen sich am Montag vergangener Woche kurz nach Mitternacht in Mölln. Mit Christiansens Pkw fuhren sie zur Ratzeburger Straße und schleuderten dort zuvor hergestellte Molotowcocktails in das von türkischen ImmigrantInnen bewohnte Haus. Um 0.30 Uhr rief Peters aus einer Telefonzelle bei der Polizeistation Mölln an: „In der Ratzeburger Straße brennt es! Heil Hitler!“ Bei dem Brand wurden zwei Menschen verletzt. Anschließend fuhren die beiden Brandstifter in die Mühlenstraße und warfen dort Molotowcocktails in das Haus. Bei diesem Anschlag starben die 51jährige Bahide Arslan, ihre zehnjährige Enkelin Yeliz Arslan und ihre 14jährige Nichte Ayse Yilmaz. Peters rief um 1.08 Uhr erneut an, diesmal bei der Freiwilligen Feuerwehr: „In der Mühlenstraße brennt es! Heil Hitler!“

Bundesanwalt von Stahl geht davon aus, daß Peters und Christiansen die Tat alleine ausgeführt haben. „Die Morde erscheinen jetzt aufgeklärt“, heißt es in der Pressemitteilung aus Karlsruhe. Unklar blieb, wie die Bundesanwaltschaft auf die Spur der beiden mutmaßlichen Täter kam. Am Montag hatte Stahl den Tatverdacht gegen Peters durch die Aussage eines „unmittelbaren Tatzeugen“ begründet. Zur Ergreifung der Täter ist eine Belohnung von 150.000 Mark ausgesetzt worden.

Insgesamt befinden sich mittlerweile zwölf Mitglieder der Skin-Gruppe um Peters in Haft. Die Gruppe besteht nach Angaben der Bundesanwaltschaft seit Mitte 1992. Ziel sei es gewesen, durch gewalttätige Aktionen, vor allem Brandanschläge, gegen in Deutschland lebende Ausländer vorzugehen. Die weiteren inhaftierten Mitglieder sind zehn Jugendliche im Alter zwischen 15 und 19 Jahren, darunter ein Mädchen. Alle außer Peters und Christiansen stammen aus dem Kreis Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern.

In Mölln hatte sich gestern die Nachricht vom Geständnis Christiansens rasend schnell in der Stadt verbreitet. In der „türkischen Teestube“ im Herzen der Möllner Altstadt, Treffpunkt der rund 700 in Mölln lebenden Türken, überwogen Freude und Erleichterung. „Natürlich freuen wir uns“, sagte ein älterer Türke.

Der Bürgermeister Joachim Dörfler zeigte sich erleichtert: „Jetzt wird hoffentlich bald wieder Normalität einkehren in unsere eigentlich so gemütliche kleine Stadt.“ Kommentar Seite 10

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