: Warum Weichsel gehen mußte
■ Hintergründe der Entlassung des Arbeits-Staatsrates Weichsel / Umtrunk
Am Dienstag abend wurde es am langen Tisch in einer einschlägigen Bremer Kneipe fröhlich: MitarbeiterInnen des Arbeits-Ressorts und Freunde feierten die Entlassung des Staatsrates Manfred Weichsel bis tief in die Nacht.
Beinahe hätten sie sich zu früh gefreut: Die noch amtierende Senatorin Sabine Uhl neigte ursprünglich zu der Auffassung, der Staatsrat könne auch nach seiner förmlichen Entlassung zumindest solange die Geschäfte noch weiterführen, bis sie einen Neuen / eine Neue gefunden hätte. Da dies aber beamtenrechtlich kaum vertretbar ist, mußte sie die Idee fallen lassen.
Zu der Personalentscheidung gegen ihre Staatsrat war Uhl recht überstürzt gekommen. Am vergangenen Sonntag hatte der Landesvorstand der SPD an Rande seiner Klausurtagung personelle Konsequenzen aus dem ABM- Debakel des Ressorts angesprochen und dabei die Senatorin selbst im Visier gehabt. Da Uhl nicht auf Wedemeiers ursprünglicher Wunschliste für den Senat gestanden hatte, sondern auf dem „Ticket“ des Landesvorstandes der SPD, war das Votum des SPD
Karikatur
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-Vorstandes besonders gewichtig. SPD-Landesvorstandsmitglieder erwogen schon die Aufteilung der beiden Bereiche 'Arbeit' und 'Frauen' auf andere SenatorInnen. Als Ausweg aus der Lage, so deutete sie schon am Sonntag abend an, wollte Uhl ihren Staatsrat opfern, mit dem sie bisher immer gemeinsam agiert hatte — an Konflikten zwischen beiden oder Unstimmigkeiten ist den SenatskollegInnen jedenfalls nichts aufgefallen.
Bei der Besprechung im Arbeitsressort am Mittwoch früh nach der förmlichen Entlassung Weichsels hat Uhl auch nicht den Staatsrat für ihre angeschlagene Position verantwortlich gemacht, sondern andere Mitarbeiter. Disziplinarrechtliche Schritte wolle sie sich vorbehalten. drohte sie einzelnen. Das Ressort ist in sich heftig zerstritten.
So wie die Bekanntgabe von Weichsels Rausschmiß ohne Begründung passierte — Wedemeier schob die Formel von der „Chemie“, die nicht stimme, nach — unterrichtete Sabine Uhl auch ihre SPD-Fraktionsspitze gestern früh ohne weitere Erläuterung über den erzwungenen Ruhestand ih
res Staatsrates. Nachdem Wedemeier verständnisvoll bemerkt hatte, daß die Bonner ABM-Politik die Arbeit des Ressorts schwer mache, wollte keiner der SPD- Parlamentarier noch etwas über Gründe wissen.
Daß die Ressortspitze in ein haushaltspolitisches Debakel hineinlaufen würde, ist im Arbeitsressort seit dem Februar 1992 bekannt, als nämlich in den Etatberatungen Millionenbeträge weniger gefordert wurden, als nach den ressortinternen Planungen erforderlich waren. Noch im Juni 1992 hatte die „Arbeitsgruppe Arbeitsmarktpolitik“ aus dem Ressort dem Senat berichtet, daß bei Anleiterstellen ein „Mehrbedarf“ von 2 Millionen, bei Stanmmkräften ein „Mehrbedarf“ von insgesamt 3 Millionen bestehe, um „unabweisliche Projekte“ abzusichern und „eingegangene Verpflichtungen einlösen“ zu können, bei der „Projektförderung“ betrugen die festgestellten „Mehrbedarfe“ für 1992 und 1993 gut 20 Millionen. Offensichtlich hat das Ressort so weitergearbeitet, als sei das Geld da, in den Haushaltsberatungen im August 1992 aber nicht den Finger gehoben. K.W.
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