: Unbehagliches Mobiliar
■ Verkaufsausstellung Hamburger Designer im Museum für Kunst und Gewerbe / Unterkühlte Sciene-fiction-Formen
Hamburger Designer im Museum für
Kunst und Gewerbe / Unterkühlte Science-fiction-Formen
Die ehrwürdigen Hallen des Museums für Kunst und Gewerbe am Steintorplatz sind zum Warenhaus geworden. Noch bis zum 10. Januar ist hier eine Ausstellung zu sehen, die in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Angewandte Kunst e.V. entstand. „Hamburg — Möbel, Kleinserien für Jedermann“ ist sie überschrieben und bietet Gebrauchsgegenstände wie Sitzgelegenheiten, Schaukelpferde, Lampen oder Papierkörbe. Das Besondere: Alle Exponate sind käuflich.
Das Mobiliar wurde von 27 Hamburger Designern angefertigt, die Preise bewegen sich zwischen 50 und 3000 Mark. Behaglichkeit holt man sich allerdings mit den Möbeln nicht in die heimische Stube. Die meisten Objekte wirken keimfrei bis kühl, als entstammten sie dem Raumschiff Enterprise. Zum Beispiel die Tischlampe 41/2S, die wohl dem intergalaktischen Volk der Klingonen entwendet wurde. An einem klumpigen Metallständer schlängelt sich ein dralles Kabel empor, ein Glasfuß sorgt für Standfestigkeit, eine 220-Volt- Halogenbirne für Blendung.
Auch Star Wars scheint eine Inspiration gewesen zu sein. Viktor heißt eine Wandleuchte, sie steht einem Laser-Schwert an kuscheliger Ausstrahlung in nichts nach.
Weniger futuristisch, dafür ähnlich geschmacklos, mutet ein Beistelltisch namens Flying Tea an. Zwei Kupferplatten ruhen auf schwarz-braunen Rollen und Füßen aus naturbelassenem Birnbaum. Mit eingelassenem Teestövchen kostet die Material-Komposition schlappe 1450 Mark.
Gelungen ist hingegen Klapp!, ein — nomen est omen — zusammenklappbarer Aluminium-Hocker,
1der ebenso stabil und mobil wie ansehnlich geformt ist. Auch Dr. Kribben, ein Toilettenpapierhalter, erleichtert unser Leben: Die Blättchen können „durch einen sanften Ruck“ einhändig entrollt werden.
1Dennoch können die wenigen gelungenen Ideen den Eindruck nicht überdecken, daß das als Designförderung geplante Ausstellungsprojekt einen eher abstoßenden Effekt hat. gag
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