: Über 1.000 rassistische Angriffe im Rheinland
■ Schnoor: 80 Prozent der Tatverdächtigen ohne „rechtsextremistischen Vorlauf“
Düsseldorf (taz) – In Nordrhein-Westfalen sind von Januar bis Ende November 1992 1.064 „fremdenfeindliche Straftaten“ verübt worden. 1991 waren es noch 725 Fälle. Die seit dem 1. Oktober 92 eingerichteten 17 speziellen Ermittlungsgruppen der Polizei ermitteln derzeit in 678 Verfahren. 362 Personen, darunter nur wenige Skins, wurden als Tatverdächtige ausgemacht. 70 Prozent von ihnen sind noch keine 21 Jahre alt.
Diese Zahlen nannte gestern Innenminister Herbert Schnoor (SPD) in Düsseldorf. 80 Prozent der Tatverdächtigen haben laut Schnoor „völlig unauffällig gelebt“ und keinerlei „rechtsextremistischen Vorlauf“. Die Anschlagshäufigkeit verlief in NRW in einer Art „Wellenbewegung“. Nach spektakulären rassistischen Anschlägen wie z.B. in Rostock nahm der rechte Terror auch zwischen Rhein und Weser regelmäßig drastisch zu. Die Straftaten seien in dem Folgemonat „buchstäblich explodiert“, sagte Schnoor. Dies belege, daß „es einen Bodensatz militanter Ausländerfeindlichkeit gibt, der nur einen Funken braucht, um sich zu entzünden“. Um möglichst „jeden Funkenflug“ zu unterbinden, müsse die Polizei verstärkt länderübergreifend zusammenarbeiten und rechtsextremistische Ausschreitungen schon „im Ansatz ersticken“.
Von Hamburg aus bauen rechtsextreme Gruppen derzeit bundesweit eine „Anti-Antifa“- Logistik auf, um durch das Sammeln von Informationen über die Autonomen „besser von Reaktion auf Aktion umschalten zu können“. Inzwischen gibt es nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden auch in NRW eine „Anti- Antifa“-Gruppe. Ziel der Gruppen sei es, „die Gewalt autonomer Gruppen mit rechtsextremistischer Gegengewalt“ zu beantworten, sagte Schnoor, dem diese Entwicklung „große Sorgen“ macht.
Wie dpa ergänzend meldet, sind bundesweit bis Ende November 4.147 Straftaten gegen Ausländer registriert worden, darunter 505 Brand- und Sprengstoffanschläge sowie 434 Angriffe gegen Personen. Die Zahl antisemitischer Straftaten ist leicht gestiegen. Ermittelte die Polizei im Vorjahr in 50 Fällen, waren es bis November bereits 51. Rund die Hälfte konnte aufgeklärt werden. Walter Jakobs
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