: Zur Theorie des Rebensafts
Alte und neue Bücher über Wein ■ Von Herrn Thömmes
Praktisch
In der Schule verwenden versierte Schummler mühsam präparierte Spickzettel. „Der kleine Johnson“ ist etwas Ähnliches zum Thema Wein, nur in gebundener Form – er paßt locker in jede Jackentasche (noch, die 320 Seiten des 93er sind genug!). Wer beim Fachgespräch mitbluffen will, schleicht sich aufs Klo zum Nachlesen und läßt danach beiläufig ein paar Namen und Begriffe fallen. Auch als seriöse Hilfe geeignet, etwa zum Studium einer umfangreichen Weinkarte. Jedes Jahr aktualisiert, geordnet nach Ländern und Alphabet. Kurze Jahrgangsbeschreibungen etc. – Fans kaufen stets die neueste Ausgabe. (Hallwag, 29,80 DM)
Aufgewärmt
Wolfram, alter Schlingel! Gebt ihm ein Knöllchen Rosenkohl, und er macht 47 Artikel und zwei Bücher draus. Der Siebeck, keine Frage, ist sparsamer als jede schwäbische Hausfrau: Da verkommt nix, da wird jede Idee gleich mehrfach aufgewärmt. „Über Wein“ ist die lose Reihe von 171 kleinen Episoden, Variationen zu Stichworten, oft nur zwei, drei Sätze lang. Luftig wie geschlagener Eischnee, flott zu lesen, ohne besonderen Inhalt. Als Geschenk für Unkundige und Novizen. (Eichborn, NN)
Notwendig
Gärung? Schillerwein? Mazis- Chambertin? 0. P.A.P.? „Das Wein Lexikon“ von Frank Schonnmaker weiß eine Antwort: kurz, präzise, mit reichlich Querverweisen in über 2.000 Stichworten. Anhang mit Zahlen, Fakten und einer kommentierten Bibliographie. Gehört einfach ins Regal. (Fischer, 19,80 DM)
Irre
Michael Schuster hat ein Diplom als „Weinschmecker“ (Universität Bordeaux) und eins als „Weinhändler des United Kingdom“. Entsprechend ist „Der Weinkenner eine praktische Degustationskunde“: detailliert, faktenreich, mit einem guten Schuß Wahnsinn. Wie schnüffelt man Wein, wie hält man das Glas? – und Bilder wie aus dem Biologiebuch. Der große Rahmen: Wein anhand seiner Traubensorten zu erklären. Die farbigen Bilder: arg viele Fässer und Weinberge. Ein interessanter Kurs für Fortgeschrittene. (Hallwag, 48 DM)
Seriös
Es gibt Leute, die mögen sachlich vermitteltes Wissen ohne Schnickschnack. „Die großen Weine der Welt“ ist ein fettes, biederes Taschenbuch (575 Seiten) mit einer generellen Einführung ins Thema Wein. Autor Woschek, Chef der Zeitschrift Alles über Wein, stellt die Anbauländer dieser Welt vor, mit den Schwerpunkten Frankreich, Deutschland und (mit Abstrichen) Italien, die nach Regionen abgehandelt werden. Weniger zum Durchlesen als zum gelegentlichen Rumschmökern. Für Einsteiger, die einen preiswerten Überblick wollen. (Heyne, 29,80 DM)
Einzig
Was dem Christen die Bibel und den 68ern die MEW-Reihe, das ist dem Weinfreak „Der große Johnson“: ein paar Pfund geballte Weisheit und Wahrheit. Der Engländer mit dem Vornamen Hugh liebt vor allem französische Tropfen und deutschen Riesling, führt aber, mit Karten, Tabellen und kurzen Kommentaren aufgelockert, rund um den Globus, von der Ernte bis zum Korkenzieher. Schwerpunkt: kurze Präsentation von Produzenten nach Regionen. Wer nur ein einziges Buch über Wein will – das ist es. (Hallwag, 89 DM)
Blöd
Weiß der Henker, was ein „Weinatlas“ ohne vernünftige Karten soll, dazu noch in Taschenformat (Woschek, 12,80 DM). Wen interessiert bei einer Reise ins Elsaß, auf einer Seite gerafft, was in Neuseeland wächst? Auch noch garniert mit Kitschbildern vom Schloß mit Herbstlaub! Selbst ein paar farbige Pläne (Dr. Fraund, 14,80 DM) machen die Sache nicht besser. Unnötig wie Korkgeschmack.
Originell
Herrlich sinnlos! Wunderbar informativ! Die originellste Weinpanscherei? Der teuerste Flaschenbruch? Der größte Sekt-Irrtum? Die beste deutsche Genossenschaft? Das höchste Mostgewicht aller Zeiten? Steht alles im „Weinbuch der Rekorde“, zusammengetragen von Rudolf Knoll. Prima Gutenachtlektüre, sofort verschenken!(Dr. Fraund, 19,80 DM)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen