: Neues Chaos unter Uhls Sofa
■ Millionenzuschüsse in der Ausbildungswerkstatt geheim gebunkert
Wieder einmal kommt das Arbeitsressort ins Gerede: Bei der Ausbildungswerkstatt GmbH im Besitz des Landes Bremen sind jetzt über zwei Millionen Mark entdeckt worden, gut angelegt. Die Gelder, so erste Vermutungen, stammen aus dem Hause Uhl: Nicht zurückgezahlte Überbrückungsmittel, die immer dann an Ausbildungs- und Beschäftigungsträger fließen, wenn Bundes-oder EG-Gelder auf sich warten lassen. Aufsichtsratsvorsitzender dieses Betriebes ist Manfred Weichsel, bis letzte Woche Staatsrat bei Sabine Uhl.
Die Ausbildungswerkstatt ist ein Betrieb, den es fast schon nicht mehr gibt, so das Arbeitsressort in den vergangenen Monaten. Die AWB, 1985 gegründet, um arbeitslosen Jugendlichen wieder Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu geben, sei nur noch eine leere Hülle. Doch jetzt wurde bestätigt, daß auf den Konten über zwei Millionen Mark schlummern, die Monat für Monat Zinsgewinne zwischen 10 und 15.000 Mark abwerfen. Und seitdem der Skandal in die Öffentlichkeit sickert, bricht hektische Betriebsamkeit aus: Nachdem der Aufsichtsrat über zwei Jahre nicht getagt hat, fanden die Mitglieder am Samstag die Einladung zur nächsten Sitzung für gestern im Briefkasten.
Über lange Zeit wurden die Geschäfte der AWB aus der Chefetage der Jugendwerkstätten mitgeführt. Als im letzten Jahr deren Geschäftsführer, Christian Weber, für die SPD in die Bürgerschaft gewählt wurde, übernahm ein Uhl-Mitarbeiter kommissarisch die Geschäfte. Am 28.Oktober übernahm Wolfgang Heise, ein Mitarbeiter des Innensenators, die Geschäfte. Der sieht sich nun mit der Situation konfrontiert, Millionen auf dem Konto zu haben, und nicht genau zu wissen, woher sie kommen.
Für gestern war nicht allein die Aufsichtsratssitzung anberaumt: Heise wollte sich im Vorfeld mit Mitarbeitern aus dem Arbeitsressort treffen, weil von dort die ersten Rückforderungen angemeldet worden waren. Wie hoch die sind, das wußte aber weder Heise selbst, noch Jörg Henschen, weitgehend ahnungsloser Pressesprecher von Sabine Uhl zu sagen. Ob der vierköpfige Aufsichtsrat tatsächlich getagt hat, das wußte gestern auch niemand. Von den vier Mitgliedern hatte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Bernd Ravens wegen der kurzfristigen Einladung ohne jedes Papier abgesagt und ein zweiter war sich sicher, daß die Sitzung selbst abgesagt sei. Dieter Wilhelmi, SPD: „Das hat heute morgen Frau Uhl gesagt.“ Uhls Sprecher Henschen war noch am Nachmittag von der Sitzung überzeugt. Wenn er recht hat, dann haben sich da nur zwei getroffen: Michael Schwarz aus dem hause Gaertner und Manfred Weichsel höchstselbst. Solange der Senat niemand anderen beruft, bleibt der geschaßte Staatsrat Aufsichtsratsvorsitzender der AWB. J.G.
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