: Krause stemmt sich gegen Benzinsteuer
EG-Verkehrsminister beraten über Autobahnvignetten/ Streit über Mineralölsteuer/ Töpfer und Möllemann sind für eine Erhöhung/ Krause hofft auf EG-Ministerrat ■ Von Hans-Martin Tillack
Bonn (taz) – Die deutschen Spediteure demonstrieren vor dem Brüsseler Tagungsgebäude und drohen mit Straßenblockaden, sollten ihnen die EG-Verkehrsminister nicht zu Willen sein. In zweitägigen Beratungen verhandeln die zwölf Minister in Brüssel bis heute über die Frage, ob es den Mitgliedstaaten erlaubt sein soll, Autobahngebühren einzuführen. Neben Großbritannien, Frankreich und Spanien unterstützt vor allem der deutsche Verkehrsminister Günter Krause einen entsprechenden Vorschlag der EG-Kommission. Nur wenn der Kommissionsplan den Ministerrat passiert, kann Krause – wie geplant – ab dem 1.Januar 1994 auf den deutschen Autobahnen eine Vignettenpflicht einführen.
Die deutschen Spediteure warnten gestern bereits vor ihrem drohenden Ende, sollte sich Krause nicht durchsetzen. Auch für den Verkehrsminister selbst steht einiges auf dem Spiel. Finanzminister Theo Waigel (CSU) erwartet von Krause ein Finanzierungskonzept für die Bahnreform. Da der Verkehrsminister eine Erhöhung der Mineralölsteuer, wie er erst unlängst in der ADAC-Motorwelt erklärte, „strikt“ ablehnt, ist er auf die Einnahmen aus dem Vignettenverkauf angewiesen.
Sollten ihm die Verkehrsminister in Brüssel einen Strich durch die Rechnung machen und die Vignetten ablehnen, steckt Krause in der Sackgasse. Mit seinem bedingungslosen Nein zu einer höheren Mineralölsteuer ist er im Bundeskabinett jetzt schon fast isoliert. Zu dem Kreis der Krause-Gegner ist inzwischen auch Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) gestoßen. Möllemann plädiert neuerdings öffentlich dafür, die Kfz- Steuer auf die Mineralölsteuer umzulegen. Neben diesem Schritt, der den Liter Benzin um etwa 18 Pfennig verteuern würde, will man im Haus des Wirtschaftsministers ein Ja zu weiteren Preiserhöhungen nicht ausschließen. Das werde noch geprüft.
Dem Wirtschaftsminister hatte eine Studie des Basler Prognos-Instituts die Augen geöffnet, in der vor den „irreversiblen Schäden“ zu niedriger Energiepreise gewarnt worden war. Umweltminister Klaus Töpfer (CDU), der heute zu einem Gespräch mit Möllemann zusammentrifft, mußte dessen Kurswechsel mit gemischten Gefühlen aufnehmen. Töpfer befürwortet zwar ebenfalls eine Mineralöl-Steuererhöhung, wendet sich jedoch gegen eine Umlegung der Kfz-Steuer auf den Benzinpreis. Statt dessen hält der Umweltminister an seinem Plan fest, „möglichst noch in dieser Legislaturperiode“, so seine Beamten, die Kfz- Steuer schadstoffbezogen zu staffeln.
„Es wird irgendwann auch zu einer Mineralöl-Steuererhöhung kommen“, ist man in Töpfers Ministerium überzeugt. „Interessant“ findet man dort auch Überlegungen, wie sie in der Enquetekommission Klimaschutz des Bundestages angestellt werden: Eine über mehrere Jahre laufende schrittweise Erhöhung des Benzinpreises bis zu einer bestimmten „Endgröße“.
Lieber noch als eine nationale Steuererhöhung wäre den Töpfer- Beamten eine EG-weite Regelung. Der Vorschlag der EG-Kommission für eine gekoppelte C02-Abgabe und Energiesteuer würde zwar den Preis der deutschen Kohle drastisch erhöhen, das Benzin in der Endstufe jedoch gerade mal um zehn Pfennig verteuern. Selbst dieser Plan ist inzwischen in der Bundesregierung umstritten.
Möllemann und Töpfer sind beide dafür. Finanzminister Waigel hingegen wolle sie inzwischen nur akzeptieren, wenn auch andere große Industriestaaten mitziehen, klagt man im Umweltministerium. Waigel hat mächtige Unterstützer in vielen europäischen Hauptstädten. Wenn am 14. Dezember der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EG zusammentritt, um erneut über die Abgabenpläne zu beraten, sei sicherlich „kein Beschluß für die Steuer zu beraten“, meinen die Mitarbeiter im Umweltministerium.
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