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Die Parteienvereinbarung

■ Dokumentation der Ergebnisse der Verhandlungen zu Asyl und Zuwanderung/ Auszüge aus der Parteienvereinbarung zur Änderung des Asylrechts

I. 1.Die Fraktionen stimmen überein, daß

–die Zuwanderung nach Deutschland begrenzt und gesteuert werden muß sowie

–der Mißbrauch des Asylrechtes verhindert und der Schutz tatsächlich politisch Verfolgter gewährleistet werden müssen.

2.Damit soll zugleich ein versöhnendes Signal gesetzt werden, denn Deutschland ist ein weltoffenes, tolerantes Land, und das soll so bleiben.

3.Wie jeder andere Staat muß auch Deutschland Zuwanderung steuern und begrenzen können. Ohne eine solche Möglichkeit werden Ängste und Unsicherheiten verstärkt, die für den inneren Frieden schädlich sind.

4.Wir brauchen aber auch ein System von Hilfen, das Fluchtursachen bekämpft und den Menschen ein Verbleiben in ihrer Heimat ermöglicht.

5.Wir wollen eine gemeinsame europäische Politik, die Fluchtursachen bekämpft und Asyl und Zuwanderung regelt. ...

Vereinbart werden:

1.Es wird gesetzlich ein Status für Kriegs-/Bürgerkriegsflüchtlinge festgelegt (analog zur Genfer Konvention).

2.Die Aufnahme erfolgt inhaltlich (Krieg oder Bürgerkrieg) bedingt und zeitlich befristet, mit der Möglichkeit der Bildung von Aufnahmekontingenten.

3.Die Aufnahme erfolgt unter auflösenden Bedingungen (s. Ziff.2).

4.Die Herkunftsgebiete legt der BMI im Einvernehmen mit den Innenministern der Länder fest.

5.Die Verteilung aufgenommener Flüchtlinge vor Krieg/Bürgerkrieg auf die Länder wird nach dem geltenden Verfahren unter Anrechnung schon aufgenommener Flüchtlinge vorgenommen.

6.Während der nach Ziff.2 erfolgten Aufnahme kann ein Asylantrag nicht gestellt werden. Danach wird ein entsprechender Antrag behandelt wie ein Asylfolgeantrag.

7.Über Fragen der Aufteilung der sich daraus (Ziff.1–6) ergebenden finanziellen Konsequenzen im Sinne einer Aufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird ein Einvernehmen im Zuge der Beratungen über die Bund- Länder-Finanzbeziehungen angestrebt.

II.Asylrecht

Art.16 Abs.2 Satz 2 GG wird gestrichen. Folgender Art.16a GG wird eingefügt:

Art.16a GG

1.)Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

2.)Asylrecht genießt nicht, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung der GK (Genfer Konvention, d.Red.) und der EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention, d.Red.) sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft, auf die die Voraussetzungen von Satz 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In diesen Fällen können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

3.)Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß in diesen Staaten politische Verfolgung oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung nicht stattfindet.

Ein Ausländer aus einem solchen Staat gilt nicht als politisch verfolgt, es sei denn, er trägt Gründe vor, aus denen sich ergibt, daß er entgegen der Vermutung in Satz 1 politisch verfolgt wird.

4.)Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen. Gleiches gilt für aufenthaltsbeendende Maßnahmen in anderen Fällen offensichtlicher Unbegründetheit. Insoweit kann der Prüfungsumfang eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

Zu der Formulierung des Art.16a sind sich die Fraktionen über folgende ergänzende Vereinbarungen einig:

1.Es besteht Einigkeit darüber, daß nach heutiger Sachlage (u.a.) für Polen, die ČSFR, Österreich und die Schweiz die Feststellung gilt, daß sie sichere Drittstaaten sind. Um nicht einzelne Länder durch die Feststellung als verfolgungssicherer Drittstaat mit den Auswirkungen von Wanderungsbewegungen insbesondere aus Osteuropa unverhältnismäßig zu belasten, tritt die Bundesrepublik Deutschland für eine europäische Lastenverteilung ein. Sie wird im Vorgriff auf eine solche Regelung unverzüglich mit Polen und der ČSFR Gespräche aufnehmen. ...

2.Sonstige offensichtlich unbegründete Asylanträge im Sinne des Abs.4 Satz 2 liegen insbesondere vor bei schweren Straftaten und der Verletzung von Mitwirkungspflichten im Verfahren.

Folgeanträge

Es besteht Einigkeit darin, daß die mißbräuchliche Stellung von Asylfolgeanträgen weiter einzudämmen ist. ...

Altfälle

1.Anhängige Verfahren werden grundsätzlich nach dem neuen Recht weitergeführt. Es erfolgt eine entsprechende Klarstellung im Gesetz. ...

Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei offensichtlich unbegründeten Asylanträgen

... Im Asylverfahren entscheiden Verwaltungsrichter, die überwiegend mit Asylverfahren befaßt sind und für deren Tätigkeit auch zusätzliche Anreize geschaffen werden können. Die ZASten und die für Asylverfahren zuständigen Gerichte sollen in enger räumlicher Nähe angesiedelt sein. In beschleunigten Verfahren über offensichtlich unbegründete Fälle wird die Prüfung der asyl- und ausländerrechtlichen Fragen und Bleibegründe in der Hand des Bundes zusammengefaßt, soweit ein Asylbewerber nicht berechtigt die ZASt oder die Gemeinschaftsunterkunft verlassen hat.

Gesetz über die Regelung des Mindestunterhalts von Asylbewerbern

Mindestunterhalt während des Asylverfahrens wird gesetzlich eigenständig geregelt mit dem Ziel, daß

–eine deutliche Absenkung der bisherigen Leistung erfolgt,

–bei Aufenthalten in zentralen Anlaufstellen oder Gemeinschaftsunterkünften grundsätzlich Sachleistungen gewährt werden,

–bei Aufenthalt außerhalb von zentralen Anlaufstellen/Gemeinschaftsunterkünften ein Vorrang für Sachleistungen gilt. ...

Fragen der Einbürgerung und sonstige Fragen der Zuwanderung

Staatsangehörigkeitsrecht

1.Die Einbürgerung von Ausländern soll gegenüber der bestehenden Rechtslage weiter erleichtert werden. ...

Zuwanderungsregelung

Die Fraktionen stimmen darüber überein, daß die Möglichkeiten einer Regelung zur Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung auf nationaler Ebene geprüft und Verhandlungen hierzu auf europäischer Ebene fortgesetzt werden. ...

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