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Jede Menge Tagesknüller

■ Jimmi Päsler, Bremer Künstler, knüllt ausdauernd an einer Collageserie nur aus tazzen

Ob Ahnungslose merken könnten, daß es Jimmi Päslers „Tagesknüller“ ohne die taz nicht geben würde? Seit September diesen Jahres produziert der Bremer Künstler in unregelmäßigen Abständen dunkel-hellgraue Collagebilder, die jeweils mit dem Schrift-, vor allem aber mit dem Bildmaterial einer taz-Ausgabe spielen.

Da wird das Foto des dicken Babys von der Brandt-Zwiebackwerbung so lange verzerrt und zerknüttelt, bis es zu einem runden Maschinenteil wird (Tagesknüller vom 18.9.); da glotzt ein Schafskopf, vielfach kopiert, hinter Gittern aus Zeitungspapierstreifen hervor, drängt sich heraus und zerfließt im Bildvordergrund (Tagesknüller vom 7.9.); und ein Häftling, mit Registriernummernschild um den Hals, wird in vervierfachter und grau übermalter Fassung noch anonymer und scheint von Kopie zu Kopie resignierter zu schauen (Tagesknüller vom 17.11.).

„Ich wollte mich nicht direkt mit der taz oder mit politischen Tagesthemen auseinandersetzen“, erklärt Jimmi Päsler, „was mich angeregt hat, war eher die ungewöhnlich assoziative Art, wie die taz oft ihre Fotos bei der aktuellen Berichterstattung einsetzt.“

Tatsächlich zieht sich durch Päslers „Tagesknüller“ein aufreizender Widerspruch, der wohl nicht ganz taz-typisch ist: Auch mit ihrer Form, die im ersten Moment an die politischen Collagen von John Heartfield oder Klaus Staeck erinnert, scheinen die „Tagesknüller“ konkrete politische Ereignissen zu kommentieren. Das tun sie aber nur auf einer sehr abstrakten Ebene.

Ob Päsler die mit behelmten Soldaten und Wickelbabys zusammengeschnittenen Ballettdamen am 11.11.92 entdeckt hat oder zehn Jahre früher, womöglichin einer anderen Zeitung, ist durchaus unsicher: Interessant, ist daran, daß so eine Zeitversetzung gut möglich wäre. Ebenso geht es mit dem Foto einer Gruppe erbärmlich gekleideter, kurzgeschorener und nackengebeugter Männer, die zwar kroatische Gefangene des heutigen Krieges in Jugoslawien sind, aber in Päslers Tagesknüller vom 19.10. viel eher an gefangene Soldaten des 2. Weltkrieges erinnern. Und das große Kaufhaus dahinter könnte gut

hierhin bitte

den Mann, der vom rechten

Bildrand rüberschaut

ein KZ sein.

Päslers Collagen haben eine überraschende räumliche Tiefe, die durch Überklebungen und durch geschickte Papierknüllungen entsteht. In ihren einfachen Wechselrahmen wirken sie wie ein Blick aus dem Fenster in eine bedrückende Welt.

„Ich habe das handliche Din- A-4-Format gewählt, damit man die Tagesknüller überall mit hin

nehmen kann“, sagt Jimmi Päsler, „meine Kunst soll überhaupt nicht edel sein, ich will auch, daß unbetuchte Zeitgenossen sie kaufen können.“

Das tun sie schon jetzt im privaten Rahmen. Im Februar wird es eine Ausstellung im Presseclub geben. Bis dahin geht die Tagesknüller-Produktion wacker weiter. In der taz und im Atelier. Cornelia Kurth

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