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Kinotips

KINOTIPS

Der Hausmeister scheint im Lektoratsbüro für Schöngeistiges in der Stadt irgendwo in Georgien der einzige zu sein, der überhaupt liest. Ein junger Nachwuchspoet nimmt das Klinkenputzen beim Direktor und den Lektoren auf sich, damit sein Werk begutachtet werde. Mit ihm wird auch ein höchst bescheidener Herr im Lektoratsbüro vorstellig, der sich für Risse in Zimmerdecken interessiert. Der Direktor weiß zwar nicht warum, aber der Herr wird eingestellt und kann am Ende doch das Schlimmste nicht verhindern. Der georgische Film Das Blaue vom Himmel von Eldar Schengelaja treibt das müde Mahlen einer Bürokratenmühle satirisch auf die Spitze. Heute kann man sich den 1984 gedrehten Film schon wieder als Fabel auf die Baumeister des europäischen Hauses in Brüssel ansehen. (3001)

Der britische Soldat Jody (Forest Whitaker) wird in Judes (Miranda Richardson) Armen von dem IRA- Aktivisten Fergus (Stephen Rea) gekidnappt. In der Gefangenschaft entwickelt sich zwischen Opfer und Täter fast so etwas wie menschliche Nähe, aber Fergus ist ideologisch zur Hinrichtung Jodys gezwungen, Zweifel kommen zu spät. Nach dem tötlichen Zwischenspiel hebt The Crying Game, der neue Film von Neil Jordan, an zu einer Liebesgeschichte zwischen Fergus und der Freundin des ermordeten Jody, - eine Affäre, die nicht weniger ungefährlich ist. (Abaton, Holi, Studio)

Mit Im Westen alles nach Plan haben die Regisseure Hans Peter Clahsen und Michael F. Huse 1990 einen Dokumentarfilm im Kinoformat gedreht, der von der Armut in den letzten Tagen der alten Bundesrepublik erzählt. In der melancholischen Weite Norddeutschlands wird da ein armes Krabbenpuhler Ehepaar mit zwei Mark Stundenlohn im Eigenheim vorgeführt, oder Fürstin Gloria plaudert in ihrer Armenküche über Wohltätigkeit. Unterbrochen werden die Armutsschilderungen von Aufnahmen aus dem Bundestag, wo - nicht selten betrunken scheinende - Politiker ein Bild von Armut entwerfen, daß einen eher der Bildungsnotstand in der führenden Politkaste barmt. Sozialsenator Ortwin

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6Runde hat Gelegenheit, Stellung zu nehmen. (Premiere Fr, 20.15 Uhr, anschließend Podiumsdiskussion mit Ortwin Runde, Sa - Mo, Abaton)

Die junge, in Hamburg lebende Regisseurin Ayse Polat zeigt ihren Kurzfilm Fremdennacht, der dem Leben Kemal Altuns nachgeht, heute um 23 Uhr im Metropolisjk

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