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Neues Leben in die Elb-Geisterstadt

■ Hafenerweiterungs-Gegner wollen in Altenwerder über 6000 Wohnungen bauen / Wirtschaftsbehörde blockt ab

bauen / Wirtschaftsbehörde blockt ab

Einst standen hier Häuser für knapp 2000 Bewohner. Heute verfaulen an gleicher Stelle zentnerweise Äpfel in den nicht mehr bewirtschafteten Obstbrachen. Bald sollen hier Container-Terminals in die Höhe wachsen. Doch die letzten Bewohner von Altenwerder können dem schleichenden Tod ihrer Heimat nicht tatenlos zusehen. Sie wollen dem Hafenerweiterungsgebiet neues Leben einhauchen, Wohnungen bauen für 1900 Menschen, Tagesheime für spielende Kinder. Werner Boelke, einer der letzten Bewohner des Geisterdorfes: „Altenwerder soll wieder eine lebendige Ortschaft werden“.

Dafür sieht die GAL-Fraktionschefin Krista Sager „bessere Chancen als je zuvor“. Auch in Hamburgs Regierungsetage spreche sich rum, daß die Hafenerweiterung „weder finanzierbar ist noch benötigt wird“. In der Wirtschaftsbehörde werde zur Zeit gar geprüft, ob das milliardenteure Projekt überhaupt zu bezahlen sei. Deshalb will die Öko-Partei in den Haushaltsberatungen beantragen, die Hafenerweiterung aus der mittleren Finanzplanung zu kippen, später durchsetzen, daß Altenwerder neben Francop und Moorburg aus dem Erweiterungsgebiet herausgenommen wird. Krista Sager: „Wir haben keinen Hafennotstand, sondern eine Wohnungsnot und brauchen hier Lebensraum“.

Ein Modell, wie dieser aussehen könnte, präsentierten gestern ArchitektInnen der Technischen Universität Harburg. Während der ersten Etappe sollen 330 Wohnungen für etwa 1000 Menschen rund um den Dreikatendeich und die Ostspitze des Altenwerder Elbdeichs entstehen. Sie sollen den letzten in der Umgebung noch existierenden Häusern nachempfunden werden. Entlang des übrigen Elbdeichs könnten nach Plänen des Vereins „Rettet die Elbe“ in einer zweiten Bauphase noch einmal genausoviele Wohneinheiten gebaut werden. Vorraussetzung: Ein hoher Lärmschutzwall, der die Neubauten vor der direkt angrenzenden Autobahn schallschützt. Wer einst aus Altenwerder vertrieben wurde, könnte für die Baugrundstücke ein Vorkaufsrecht erhalten.

In der zuständigen Wirtschaftsbehörde stoßen die Wohnbaupläne auf wenig Gegenliebe. „Wir brauchen diese Fläche für die Hafenerweiterung und werden sie dafür nutzen“, betont Behördensprecher Heiko Tornow. Trotz drohender Wirtschaftsflaute sei es unumstritten, daß der Containerumschlag zunehme, der Hafen mehr neue

1Umschlagsplätze brauche, als durch eine innere Verdichtung des Hafenareals zur Verfügung gestellt werden könnten. Bei dem Finanz-Prüfungsauftrag seiner Behörde gehe es „nicht darum ob, sondern wie

1die Hafenerweiterung am besten finanziert“ werden kann. SPD-Fraktionschef Günther Elste hatte angeregt, die von der Hafenerweiterung profitierende Wirtschaft stärker zur Kasse zu bitten. „Nur ob das

1machbar ist, prüfen wir zur Zeit“, erläutert Tornow. Noch im Januar soll daß Planfeststellungsverfahren beginnen, das Erweiterungskonzept öffentlich ausgelegt werden. Marco Carini

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