: Dienel und Reisz: Zwei Einpeitscher der Rechten
■ Thomas Dienel wurde gestern zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt
Berlin (taz) – „In Auschwitz wurde niemand umgebracht — leider.“ Der 31jährige Thomas Dienel hat immer einen markigen Spruch parat, vor laufender Fernsehkamera – und auch vor dem Kreisgericht Rudolstadt. Dort war er in den letzten zwei Tagen großmäulig aufgetreten mit Bekenntnissen zu Reden wie: „Wir werden dafür sorgen, daß Kanaken, daß Chinesen, daß Vietnamesen, daß Neger hier in Deutschland nicht mehr existent sind.“ Gestern verurteilte ihn die Richterin zu zwei Jahren und acht Monaten Haft wegen Volksverhetzung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener sowie Beleidigung. Sie ging damit um zwei Monate über den Antrag des Staatsanwalts hinaus. Das Strafmaß begründete sie damit, man habe berücksichtigt, „welche Gefahr von dem Angeklagten ausgeht, wenn er zu Gewalt gegen jüdische und ausländische Mitbürger aufruft“.
„Aufräumen“ will der Chef der „Deutsch Nationalen Partei“ mit Ausländern, Flüchtlingen und Juden. Als Mittel gegen „dieses Pack“ findet er Weimarer Wehrsportgruppen adäquat, die mit Sprengstoff umgehen können und im Nahkampf trainiert sind. Fernsehaufnahmen über eine derartige Wehrsportübung in Drosselberg bei Erfurt brachten im September die thüringische Staatsanwaltschaft auf den Plan und Dienel in Haft.
Nach dem Tod von Michael Kühnen im April 1991 war zunächst die große Stunde von Thomas Dienel gekommen. Der Absolvent der SED-Bezirksparteischule Erfurt und jahrelange FDJ- Sekretär avancierte zunächst im Frühjahr 1990 zum Geschäftsführer der Deutschen Sexliga in Thüringen. Dann kam sein rechtes Coming-out. Er trat der NPD bei und wurde bereits im Oktober 1990 Vorsitzender der NPD in Thüringen. In dieser Eigenschaft organisierte er in den folgenden Monaten zusammen mit den Rechtsextremisten Christian Worch („Nationale Liste“, Hamburg), Michael Swierczek („Nationale Offensive“, Dresden) und Ewald Althans („Deutsches Jugendbildungswerk“, München) neonazistische Aufmärsche in Halle, Leipzig und Dresden. Zusammen mit Worch führte er im August dieses Jahres den verbotenen „Rudolf Heß Gedenkmarsch“ mit etwa 2.000 Neonazis in Rudolstadt durch.
Am 19. April 1992, stilecht einen Tag vor dem Hitler-Geburtstag, gründete Dienel im sächsischen Wechselburg die „Deutsch Nationale Partei“. Hakenkreuzfahnen, Odalsrunen sowie die Feier des Hitler-Geburtstags offenbaren den neofaschistischen Charakter der nach eigenen Angaben „radikal nationalen Partei“. Sie soll etwa 600 Mitglieder umfassen. Ihre Flugblätter sind mit „Heil Deutschland“ unterzeichnet, sie sprechen von „Völkermord durch Rassenmischung“ und machen „schwarzafrikanische Asylbetrüger“ für die „Verseuchung des deutschen Volkes mit Aids“ verantwortlich.
Von Anfang an rief Dienel zur „Untergrundarbeit“ und zum „Kampf den Feinden im Landesinneren“ auf.
Mit dabei bei der DNP-Gründung war auch Heinz Reisz aus Langen. Reisz, der Chef der rechtsextremen Gruppierung „Deutsches Hessen“, war jahrelang der treue Wegbegleiter von Michael Kühnen. Er begann seine Neonazi- Karriere wie Kühnen bei der „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP) und wollte zusammen mit Kühnen bei den Kommunalwahlen 1989 das hessische Städtchen Langen „zur ersten ausländerfreien Stadt Deutschlands“ machen. Das Bundesinnenministerium machte ihnen jedoch einen Strich durch die Rechnung und verbot die „Nationale Sammlung“ (NS) kurz vor den Wahlen.
Über die bei der NS ebenfalls aktiven Rainer Sonntag (Dresden, inzwischen tot) und Frank Hübner aus Cottbus (inzwischen DA-Bundesvorsitzender) war Reisz in der Ost-West-Zusammenarbeit der deutschen Neonazis eine entscheidende Schaltstelle. Er ist bei jedem Aufmarsch dabei. Als Einpeitscher mit entsprechenden Hetzparolen und schriller Stimme ist er ein in der Szene äußerst beliebter Redner.
Vom Klima in Deutschland seit der Vereinigung und insbesondere seit den Pogromen in Hoyerswerda, Rostock und anderswo zeigte sich Reisz begeistert: „Unsere Aufgabe ist es momentan nicht, zur Macht zu kommen. Das wäre unrealistisch. Aber unsere Aufgabe ist es, die Parteien dazu zu drängen, daß sie nach rechts abdriften müssen. Und wir haben es erreicht, denn die CDU, und erst recht die CSU, stehen mit ihren Aussagen heute so weit rechts wie die NPD vor zwanzig Jahren.“ Bernd Siegler
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