: Teresa Orlowski kommt nach Erika Berger
■ Pornos ohne Grenzen: Hardcore-Kanäle nehmen Gesetzeshürden per Satellit
In den siebziger Jahren verzeichneten die Porno-Kinos einen Boom, in den Achtzigern übernahm die Videokassette dieses Geschäft. Im nächsten Jahr muß die Videobranche zittern, denn immer mehr Anbieter drängen mit Hardcore auf den TV-Markt. Als erste deutsche Großunternehmerin wagt Teresa Orlowski den Vorstoß. Die Porno-Filmerin aus Hannover kündigte an, ab März 1993 dreimal wöchentlich via Bildschirm Pornos zu zeigen.
Der Satellitenempfang und das fast grenzenlose Europa machen die Verbreitung möglich. Eine Vorreiterrolle spielt der „Red Hot Dutch“-Kanal, der aus den Niederlanden sein Bettgeflüster in verschlüsselter Form über den „Eutelsat“-Satelliten abspult. Wie Geschäftsführer David Waller in einer Fernsehsendung sagte, habe sein Sender bereits 1.000 Decoder für 499 Mark in Deutschland absetzen können. Waller setzt auf die „diskrete Art“ des Empfangs und den Vorzug, „nicht vom Nachbarn beim Videoverleih um die Ecke entdeckt zu werden“.
Die hiesigen Landesmedienanstalten sehen sich dem Treiben aus dem All machtlos ausgesetzt, es gibt keine gesetzliche Handhabe. „Laut Paragraph 184 des Strafgesetzbuches ist es bei uns untersagt, im Fernsehen oder Radio Pornographie zu verbreiten“, sagt Susanne Grams, in der Berliner Anstalt für Kabelkommunikation mit dem Thema Jugendschutz beauftragt. „Aber das Verbot gilt nur für den, der in Deutschland eine Zulassung haben will. Der Empfang ist aber jedem freigestellt.“
Der Erwerb eines Decoders ist also völlig legal. Über den Vertrieb der Entschlüsselungsgeräte herrscht noch keine Klarheit. „Ich sehe keine Untersagungsmöglichkeit“, sagt Harald Zehe, Justitiar bei der Landeszentrale für Private Rundfunkveranstalter (LPR) in Ludwigshafen. Artikel 22 der EG- Fernsehrichtlinien sehe zwar den Schutz von Minderjährigen vor, wenn sie in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung beeinträchtigt werden könnten. Aber über die verschlüsselte Verbreitung und die nächtliche Sendezeit sehen offenbar einige Länder – wie zum Beispiel die Niederlande – den Schutz bereits realisiert.
Bei vielen Porno-Produzenten quellen die Lager über. Teresa Orlowski hat 700 Filme auf Vorrat. Bundesweit lagern rund 14.000 in den Regalen. Zwar verzeichnete die Videobranche nach Angaben der Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten (GÜFA) in Düsseldorf für 1991 noch eine Umsatzsteigerung auf 800 Millionen Mark, für 1992 erwartet sie aber sinkende Zahlen. Die Produzenten müssen sich also allein aus wirtschaftlichen Erwägungen auf den Satelliten schwingen, um langfristig zu überleben.
Bei Teresa Orlowski, die als „Foxy Lady“ selbst in ihren Filmen auftrat, sollen künftig mittwochs, freitags und samstags nicht nur die Herzen höher schlagen. Eine Sendelizenz hält der Leiter des Sendeprojekts, Gerd Römbke, nicht für notwendig. Der Sex-Kanal werde einfach in Holland oder in einem Land außerhalb der EG installiert. Die Hardcore-Streifen sollen nach Angaben des Unternehmens in ein „informatives und interessantes Rahmenprogramm“ eingebettet werden. 50.000 Abonnenten reichen angeblich, um schwarze Zahlen zu schreiben. Carsten Rave/Gerd Roth, dpa
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